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Perfect Days (2023)

Roadtrip durch Tokio: In seinem neuen, auf Japanisch gedrehten Spielfilm sieht der deutsche Regisseur Wim Wenders einem von Kôji Yakusho gespielten Mann bei dessen Arbeit und Leben zu.Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 5 / 5
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Hirayama (Kôji Yakusho) wohnt auf engstem Raum im Schatten des gigantischen Tokioter Fernsehturms. Sein Geld verdient er mit dem Reinigen öffentlicher Toiletten, bei dem ihm sein Kollege Takashi (Tokio Emoto) mehr schlecht als recht zur Hand geht. Hirayamas Tagesablauf folgt einer strengen Routine. Und zwischen Badehausbesuch, Bar und Buchhandlung ist auch seine Freizeit klar geregelt. Als eines Tages unerwartet seine Nichte Niko (Arisa Nakano) vor der Tür steht, gerät der Alltag des 67-Jährigen durcheinander, wovon er sich aber nicht aus der Ruhe bringen lässt.

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"Perfect Days": Pure Alltagspoesie

"Just a perfect day", singt Lou Reed an einer Stelle dieses Films aus dem Autoradio. "Drink Sangria in the park" geht die Songtextzeile weiter. Auch der von Kôji Yakusho mit begnadeter Zurückhaltung gespielte Hirayama sitzt in jeder Mittagspause im Park. Trinkt dort allerdings keine Sangria, denn seine Schicht ist noch nicht zu Ende, und anders als sein flatterhafter Kollege Takashi, der mit der Unbedarftheit der Jugend alles als vorübergehende Gelegenheit begreift, nimmt der alte Mann seine unscheinbare Arbeit als Toilettenputzer ernst. Hier, in einem kleinen Park unweit der geschäftigen Straßen der Millionenmetropole Tokio, sitzt Hirayama nun also, Mittag für Mittag, isst ein Sandwich und fotografiert mit einer alten Pocketkamera das Licht, das durch die Baumwipfel dringt. Wie könnte es anders sein, hat die japanische Sprache selbst für solch einen Anblick ein eigenes Wort: "Komorebi". Um nichts anderes geht es in Wim Wenders' neuem Film. "Perfect Days" erzählt vom Glück der kleinen Dinge – auf großartige Weise.

Von der Schönheit stiller Örtchen ...

Ausgerechnet Wenders, der inzwischen schon seit Jahrzehnten keinen rundum gelungenen Spielfilm mehr vorgelegt, mit seinen Dokumentarfilmporträts hingegen reüssiert hat, zaubert am Jahresende eines der schönsten Kinoerlebnisse 2023 auf die Leinwand. Vielleicht ist ihm das deshalb geglückt, weil er sich in "Perfect Days" aufs Wesentliche konzentriert. Wenders hat den Film in nur 17 Tagen im schmalen, beinahe quadratischen Format gedreht. Keine prätentiösen 3D-Experimente mehr wie noch im drögen "Die Schönen Tage von Aranjuez" (2016) oder im hypersentimentalen "Every Thing Will Be Fine" (2014), kein verschwenderisches Breitwandformat mehr wie in "Grenzenlos" (2018), "Palermo Shooting" (2008) oder "Don't Come Knocking" (2005). Die Enge Tokios gab es wohl nicht her, und der Film dankt es Wenders, der sich auf seine alten Stärken besinnt.

Wie so viele seiner Filme ist auch "Perfect Days" ein Roadmovie, nur eben eins in der Stadt, von Toilettenhäuschen zu Toilettenhäuschen. Schon diese sind kleine architektonische Meisterwerke. Und wie Wenders aus dem Leben dieses Mannes erzählt, der sich, wie wir später erfahren, wohl gegen ein Leben im Luxus und für ein Leben in Ruhe, Abgeschiedenheit und Bescheidenheit entschieden hat, ist meisterhaft. Wenders gelingt es nicht nur, kleine Momente des Glücks einzufangen, sondern auch eine Poesie des Alltags auf die Leinwand zu malen.

und dem Glück der kleinen Dinge

Im Geiste des Kinos von Yasujirô Ozu (1903–1963), dessen letzte Hauptfigur aus dem Film "Ein Herbstnachmittag" (1962) den Namen mit Wenders' Hauptfigur teilt, ist auch sein "Perfect Days" eine lyrische Erkundung des Alltäglichen. Hirayama wird vom Rauschen des Blattwerks vor seinem Fenster geweckt und geht mit einem guten Buch schlafen. Er kümmert sich zärtlich um seine Zimmerpflanzen, genießt in sich hineinlächelnd den Trubel in seinem Stammrestaurant in einer U-Bahn-Unterführung oder einen Vormittag im Badehaus. Wenn er nicht in seinem Auto sitzt, erkundet er die Stadt auf dem Fahrrad. Ein geerdeter, analoger Mann, der Musik von Patti Smith, Otis Redding oder Van Morrison in sein Kassettendeck schiebt und still und heimlich in die Besitzerin einer Bar verliebt ist.

Aus seiner sturen Routine schöpft er Kraft, bis eine aus den Augen verlorene Verwandte diese Routine urplötzlich durcheinanderbringt. Für eine Weile ist Hirayama nicht mehr allein, sitzt nun wie in Lou Reeds Song zu zweit im Park, teilt Glücksmomente und ist durch die unerwartete Zweisamkeit bereichert, bevor sich ihre Wege wieder trennen. Wahrlich perfekte Tage, von denen Wenders und sein Co-Autor Takuma Takasaki hier erzählen. Und eine stille Glanzleistung, wie Kôji Yakusho diesen schweigsamen Mann spielt, wofür er bei den Filmfestspielen in Cannes zu Recht den Preis als bester Hauptdarsteller erhalten hat. Am Ende sitzen wir mit ihm im Auto, lauschen der Musik und nehmen mit einem lachenden und einem weinenden Auge Abschied.

Fazit: Wim Wenders' neuer Spielfilm ist sein bester seit Jahrzehnten. Darin zeigt er die Millionenmetropole Tokio von ihrer ruhigen Seite; ein durchaus realistisches Bild. "Perfect Days" ist ein filmisches Gedicht über die vermeintlich kleinen Dinge des Lebens und die großen Freuden, die sie einem bereiten können. Pure Alltagspoesie!




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Zum Video: Perfect Days

Besetzung & Crew von "Perfect Days"

Land: Japan
Weitere Titel: Savršeni dani
Jahr: 2023
Genre: Drama
Länge: 123 Minuten
Kinostart: 21.12.2023
Regie: Wim Wenders
Darsteller: Yumi Asô, Tokio Emoto, Sayuri Ishikawa, Tomokazu Miura, Arisa Nakano
Kamera: Franz Lustig
Verleih: DCM GmbH

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