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FBW-Bewertung: Wonka (2023)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Mit zwei Adaptionen des Kinderbuches ?Charlie und die Schokoladenfabrik? von Roald Dahl schien die Geschichte vom Schokoladenmagnaten Willy Wonka auserzählt. Und welcher Schauspieler könnte diese Rolle noch einmal ähnlich exzentrisch und komisch verkörpern wie Gene Wilder und Johnny Depp? Ein Prequel löst alle Probleme der so dominanten Vorläufer, denn zum einen kann man sich hier bei den Figuren, der Grundidee und der Stimmung der Vorlage bedienen, hat dabei aber die Freiheit, eine ganz andere Geschichte zu erzählen. Zum anderen ist der Titelheld eben noch nicht der überlebensgroße Süßigkeitenkönig, sondern ein junger Mann mit außergewöhnlichen Talenten, der seinen Weg noch machen muss. Paul King hat mit seinen beiden Filmen über den Bären Paddington bewiesen, wie gut er Märchenwelten kreieren kann, und dies gelingt ihm auch in WONKA meisterlich. Zusammen mit seinem Co-Autor Simon Farnaby erzählt er die Geschichte des jungen Magiers Willy Wonka, dessen Schokoladenkreationen die Menschen in Verzückung und Rauschzustände versetzen können. Das Drehbuch ist prall gefüllt mit fantastischen und komischen Ideen. Der Plot ist zwar in groben Zügen vorhersehbar, aber die Geschichte wird mit vielen originellen Einflüssen erzählt. So spielen etwa eine Giraffe und eine Lederhose wichtige Rollen. Da ist dann sogar Raum für einen Dialogsatz wie ?das Gierige schlägt das Bedürftige?, der zu den satirisch-bissigen Spitzen gehört, ohne den die Schokolade des Films vielleicht ein wenig zu süß geworden wäre. Und auch als Weltenbauer hat King mit einem überschäumenden Einfallsreichtum gearbeitet. Dabei erinnert sein Film zum Teil eher an Charles Dickens als an Roald Dahl, denn der junge Wonka gerät in die Hände eines schurkischen Paars, dessen Hotel eine Falle für Neuankömmlinge wie den jungen Wonka ist. Er unterschreibt für eine Übernachtung einen Vertrag, dessen Kleingedrucktes ihn dazu verpflichtet, auf ewig im Keller für sie zu arbeiten. Hier lernt Wonka die anderen Opfer dieser Ausbeuter kennen und mit ihrer Hilfe gelingt es ihm schließlich, das böse Triumvirat der etablierten Chocolatiers der Stadt zu besiegen. WONKA ist ein Musical mit Originalsongs von Joby Talbot und Neil Hannon, die das Potential haben, zu Ohrwürmern zu werden. Aber die Lieder sind keine ?Showstopper? in dem Sinne, dass sie die Handlung aufhalten. Stattdessen sind sie so gut in die Dramaturgie integriert, dass der Erzählstrom durch sie nie aufgestaut wird. Timothée Chalamet verkörpert den Titelhelden überzeugend, obwohl oder gerade weil er nichts von der grotesken Arroganz hat, die Wilder und Depp der Figur gaben. Der junge Wonka ist dagegen ein verträumter junger Mann mit einem außergewöhnlichen Talent, dessen Entwicklung zum erfolgreichen Süßigkeitenkünstler den dramaturgischen Rahmen des Films bildet. Doch die Entdeckung des Films ist die junge Schauspielerin Calah Lane, denn sie verkörpert das Waisenkinds Noodles mit einer Intensität und Lebendigkeit, die den Beginn einer großen Filmkarriere verspricht. Damit ist sie in guter Gesellschaft, denn WONKA ist gespickt mit vielen Stars der britischen Filmindustrie, die zum Teil nur in kurzen, dafür aber sehr pointierten Auftritten glänzen. So etwa Sally Hawkins als die liebevolle, verstorbene Mutter von Wonka, Rowan Atkinson als schokoladensüchtiger Pater, Olivia Colman als die verschlagende Herbergsmutter und Hugh Grant als übellauniger Umpa-Lumpa mit großem Kopf auf einem winzigen CGI-Körper. WONKA bietet grandiose Familienunterhaltung in der Tradition von Filmen wie MARY POPPINS und auch im Vergleich mit den beiden früheren Filmen über Willy Wonka braucht er sich nicht verstecken.



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