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Balconettes (2024)

Les femmes au balcon

Schwarze Komödie aus Frankreich von und mit Noémie Merlant.Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 3 / 5
User-Film-Bewertung [?]: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 1.1 / 5

Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 109 Besucher eine Bewertung abgegeben.


Südfrankreich wird von einer Hitzewelle heimgesucht. In Marseille steigt das Thermometer auf 46 Grad. Um abzukühlen, nehmen die Mitbewohnerinnen Nicole (Sanda Codreanu), eine angehende Schriftstellerin, und Ruby (Souheila Yacoub), ein Webcamgirl, auf ihrem Balkon Platz. Bald gesellt sich auch ihre gute Freundin, die Schauspielerin Elise (Noémie Merlant), hinzu. Zu dritt beobachten die Frauen einen sexy Nachbarn, der sie daraufhin für einen Drink in seine gegenüberliegende Wohnung einlädt.

Doch der Abend bei dem hübschen Mann (Lucas Bravo), einem Mode- und Werbefotografen, läuft aus dem Ruder – und endet fatal. Am nächsten Morgen müssen sich die drei Freundinnen nicht nur mit ihren Fehltritten des Vorabends, sondern ganz allgemein mit unliebsamen Männern wie Elises Ehemann Paul (Christophe Montenez), dem Patriarchat und ihrer Stellung in der Gesellschaft auseinandersetzen.

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Filmkritikunterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse3 / 5

"Balconettes": In der Hitze des Gefechts

Der Auftakt ist vielversprechend. Wenn die Stimme eines Radiomoderators aus dem filmischen Off Rekordtemperaturen verkündet, die von Evgenia Alexandrova geführte Kamera in einem Marseiller Stadtviertel elegant wie ein Vogel von Fenster zu Fenster und Balkon zu Balkon gleitet und nacheinander eine schüchterne Schriftstellerin, ein offenherziges Webcamgirl und eine devote Schauspielerin darauf Platz nehmen, um einen halbnackten Nachbarn im Haus gegenüber zu begaffen, dann ist der Weg für eine hitzige Sommerkomödie bereitet.

Die Figurenkonstellation, das Setting und die prallen Farben erinnern an eine Mischung aus Pedro Almodóvars "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs" (1988) und Alfred Hitchcocks "Das Fenster zum Hof" (1954). Und hätte es Noémie Merlant dabei belassen, wäre "Balconettes" womöglich eine großartige schwarze Komödie geworden. Doch leider rührt die 1988 geborene Schauspielerin, die bei ihrem zweiten abendfüllenden Spielfilm als Regisseurin jede Menge Hüte aufhat, dieser Mixtur auch noch eine ordentliche Portion Untotengrusel, eine blutige Leichenbeseitigung und eine das Patriarchat zerquetschende Ermächtigungsfantasie unter.

Zwischen krudem Kuddelmuddel und kreativem Chaos

Für sich allein genommen, sind diese Elemente keine schlechte, ja sogar eine gute Sache. Im Zusammenspiel funktionieren sie jedoch nicht, sondern ergeben ein großes Durcheinander, das in alle erdenklichen Richtungen ausfranst. Auf die eingangs beschriebene, grandios inszenierte Eingangssequenz, die Merlants Talent fürs Regieführen unter Beweis stellt, folgt eine gänzlich konträre Szenenfolge. Der fatale Abend beim Nachbarn ist wild und so fahrig umgesetzt, dass einem beim Zusehen beinahe übel wird. Das mag zwar zur Stimmung des Abends passen, bedeutet aber auch einen massiven formalen Bruch. Und es wird nicht der letzte Bruch bleiben. In "Balconettes" ist nur eines gewiss: dass das Publikum nie weiß, welcher Figur und welchem Handlungsstrang es als nächstes folgen und in welchem Stil Merlant dies alles auf die Leinwand werfen wird. Das könnte man nun als konfuses Kuddelmuddel abstrafen oder als kreatives Chaos feiern. Die Wahrheit liegt wie immer irgendwo dazwischen.

Was man "Balconettes" definitiv zugutehalten muss, ist der Mut, mit dem sich Merlant, die hier als Regisseurin, Drehbuchautorin und eine der drei Hauptdarstellerinnen agiert, und ihre zwei Mitstreiterinnen Sanda Codreanu und Souheila Yacoub ins Geschehen werfen. Auch der feministische Grundton dieser kunterbunten und doch sehr schwarzen Komödie, in der den Männern das Patriarchat lustvoll um die Ohren gehauen wird und Frauen ihre Körper und Körperlichkeit in all ihren Facetten von völlig natürlich bis verblüffend unverblümt zur Schau stellen dürfen, ist Merlant und ihrem Film hoch anzurechnen.

Dass dabei am Ende allerdings ein so großes Durcheinander herauskommt, hätte man nicht gedacht. Immerhin hatte sich die Regisseurin beim Drehbuchschreiben gleich bei mehreren namhaften Kolleginnen, die prominenteste davon ist Céline Sciamma ("Porträt einer jungen Frau in Flammen"), Rat eingeholt. Mit ein wenig mehr Struktur und erzählerischer Geschlossenheit hätte ein wirklich großer Film daraus werden können.

Fazit: Noémie Merlants zweiter abendfüllender Spielfilm als Regisseurin lief bereits 2024 bei den Filmfestspielen in Cannes. Ein Jahr später kommt er in die deutschen Kinos und trifft den Nerv der Zeit, indem er sich Themen wie dem Patriarchat, sexueller Selbstbestimmung und sexueller Gewalt schwarzhumorig und bluttriefend nähert. Doch so vielversprechend die Ausgangslage auch ist, so toll die drei Hauptdarstellerinnen auch agieren und so viel Talent fürs Regieführen Merlant zwischendurch auch aufblitzen lässt, der fertige Film schwankt leider zwischen konfusem Kuddelmuddel und kreativem Chaos.




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Besetzung & Crew von "Balconettes"

Land: Frankreich
Jahr: 2024
Genre: Komödie, Fantasy
Originaltitel: Les femmes au balcon
Kinostart: 08.05.2025
Regie: Noémie Merlant
Darsteller: Lucas Bravo, Sanda Codreanu, Henri Cohen, Hannil Ghilas, Annie Mercier
Kamera: Evgenia Alexandrova
Verleih: Progress Film

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