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The Ugly Stepsister (2025)
Den stygge stesøsteren
Märchenhafter Perspektivwechsel: Die Norwegerin Emilie Blichfeldt hat "Aschenputtel" aus dem Blickwinkel einer der zwei Stiefschwestern verfilmt und daraus einen Körperhorror über den Preis der Schönheit gemacht.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
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Es war einmal in einem Königreich namens Swedlandia: Als sich die reiche Rebekka von Rosenhoff (Ane Dahl Torp) nach dem Tod ihres Mannes wieder verheiratet, zieht sie mit ihren zwei Töchtern Elvira (Lea Myren) und Alma (Flo Fagerli) auf das Anwesen ihres neuen Gatten, dem Witwer Otto von Morgenstierne Munthe (Ralph Carlsson), der dort mit seiner Tochter Agnes (Thea Sofie Loch Næss) lebt. Doch als kurz darauf auch Otto unerwartet das Zeitliche segnet und Rebekka einen Berg Schulden hinterlässt, müssen alle den Gürtel enger schnallen. Einen Ausweg aus der Misere könnte die Vermählung Elviras mit dem Prinzen Julian (Isac Calmroth) bieten.
Der begehrteste Junggeselle des Königreichs hat alle Jungfrauen des Landes zu einem Ball geladen. Um seine Gunst zu gewinnen, setzt Elvira alles daran, ihr Aussehen zu verbessern und legt sich dafür bei Dr. Esthétique (Adam Lundgren) unters Messer. Der schönen, aber kein bisschen jungfräulichen Agnes wird der Besuch des Balls hingegen untersagt. Nachdem sie bei einem nächtlichen Stelldichein mit dem Stallburschen Isak (Malte Gårdinger) erwischt wurde, degradiert Rebekka Agnes zu einer Dienstmagd, die die Drecksarbeit im Haus erledigen muss. Vom Besuch des königlichen Balls soll sie das aber nicht abhalten.
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Filmkritik
"The Ugly Stepsister": Blut ist im Schuh!
Märchen erzählen von wundersamen Begebenheiten. Der Übergang zur Schauerliteratur ist fließend. Dementsprechend verwundert es nicht, dass im Verlauf der Filmgeschichte auch immer wieder Horrorstreifen entstehen, die auf Märchen basieren. Denn wer die Vorlagen aus klassischen Sammlungen von Giambattista Basile über Charles Perrault bis zu den Brüdern Grimm ernst nimmt und nicht wie Walt Disney zu kindgerechten Häppchen mit zuckersüßen Happy Ends ummodelt, der wird viel Gruseliges darin entdecken.
In der jüngeren Vergangenheit wagten sich unter anderem der Italiener Matteo Garrone mit "Das Märchen der Märchen" (2015) und der US-Amerikaner Osgood Perkins mit "Gretel & Hänsel" (2020) an die furchteinflößende Neuinterpretation bekannter Märchen. Und selbst im Körperhorror des Cannes-Beitrags "The Substance" (2024) der Französin Coralie Fargeat steckt etwas Märchenhaftes, nämlich eine kleine Prise "Schneewittchen". Mit ihrem ersten abendfüllenden Spielfilm, der seine Weltpremiere beim Sundance Film Festival feierte und danach bei der 75. Berlinale zu sehen war, krempelt die Norwegerin Emilie Blichfeldt jetzt "Aschenputtel" um.
Bruch mit Konventionen
So frisch sich manche Adaption dieses Märchens, allen voran der Deutschen liebster Weihnachtsfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" (1973), bis heute auch anfühlt und so emanzipiert sich dessen burschikose Protagonistin auch gibt, was ihre Verwandlung vom hässlichen Entlein zur alle Blicke auf sich ziehenden Ballkönigin anbelangt, folgt auch diese Verfilmung konservativen Erzählkonventionen. Dass es Emilie Blichfeldt in erster Linie auf den Bruch mit den Konventionen ankommt, zeigt bereits die Erzählperspektive ihres von ihr selbst verfassten Debüts. "The Ugly Stepsister" ist nicht aus der Sicht Aschenputtels, sondern, wie es bereits der Filmtitel nahelegt, aus Sicht ihrer "hässlichen Stiefschwester" erzählt.
Blichfeldt begeht nicht den Fehler, Aschenputtels angeheiratete Verwandtschaft von vornherein als Monster zu zeichnen. Die für Märchen so typischen "bösen" Stiefmütter und -schwestern machen bei Blichfeldt eine Entwicklung durch. Eingangs ist die von Neuentdeckung Lea Myren bravourös gespielte Titelheldin Elvira ein höfliches, schüchternes, in ihrer Schwärmerei für den Prinzen naives, aber durch und durch liebenswertes Mädchen, mit dem das Publikum sympathisiert. Was nicht zuletzt daran liegt, dass die von Thea Sofie Loch Næss verkörperte Agnes, aus der später Aschenputtel wird und bei der üblicherweise die Sympathien liegen, von Blichfeldt in kein allzu gutes Licht gerückt wird.
Preis der Schönheit
Der eigentliche Konventionsbruch besteht jedoch darin, wie die Regisseurin und Drehbuchautorin die "Tyrannei der Schönheit", wie sie es selbst nennt, in ihren Film einflicht. Wundersame Begebenheiten sucht man bei Blichfeldt vergebens. Die Verwandlung des äußeren Erscheinungsbilds erfolgt weder über magische Haselnüsse noch durch die Zauberhand einer Fee, sondern ist im wahrsten Wortsinn Knochenarbeit. Was "The Ugly Stepsister" strenggenommen nicht zu einem Märchenfilm, sondern zu einem Kostümfilm über die absurden Auswüchse früher Schönheitschirurgie macht.
Hier hört Blichfeldt allerdings nicht auf. Was ihr Debüt aus der Masse der Erstlingswerke heraushebt, ist nicht nur der Umstand, dass sie etwas Neues erzählt, sondern auch, wie erfrischend anders sie dies inszeniert. Der von Synthesizern geprägte Soundtrack kontrastiert bewusst mit dem historischen Setting, holt das Publikum in unsere Gegenwart und führt ihm vor Augen, dass sich hinter Blichfeldts Schauermärchen eine Abrechnung mit der zeitgenössischen Schönheitsindustrie verbirgt. Wie Blichfeldt, vom Body Horror eines David Cronenberg inspiriert, die körperlichen Qualen in ekelerregenden Groß- und Detailaufnahmen überlebensgroß auf die Leinwand wirft, sucht seinesgleichen. Sie selbst bezeichnet das übrigens nicht als Body Horror, sondern hat dafür die treffend schöne Formulierung "Beauty Horror" gefunden.
Fazit: In ihrem Debütfilm "The Ugly Stepsister" dreht die norwegische Regisseurin und Drehbuchautorin Emilie Blichfeldt "Aschenputtel" auf links und macht daraus ein ekelerregendes Schauermärchen über die Auswüchse des Schönheitswahns. Eigenwilliger "Beauty Horror"!
Märchen erzählen von wundersamen Begebenheiten. Der Übergang zur Schauerliteratur ist fließend. Dementsprechend verwundert es nicht, dass im Verlauf der Filmgeschichte auch immer wieder Horrorstreifen entstehen, die auf Märchen basieren. Denn wer die Vorlagen aus klassischen Sammlungen von Giambattista Basile über Charles Perrault bis zu den Brüdern Grimm ernst nimmt und nicht wie Walt Disney zu kindgerechten Häppchen mit zuckersüßen Happy Ends ummodelt, der wird viel Gruseliges darin entdecken.
In der jüngeren Vergangenheit wagten sich unter anderem der Italiener Matteo Garrone mit "Das Märchen der Märchen" (2015) und der US-Amerikaner Osgood Perkins mit "Gretel & Hänsel" (2020) an die furchteinflößende Neuinterpretation bekannter Märchen. Und selbst im Körperhorror des Cannes-Beitrags "The Substance" (2024) der Französin Coralie Fargeat steckt etwas Märchenhaftes, nämlich eine kleine Prise "Schneewittchen". Mit ihrem ersten abendfüllenden Spielfilm, der seine Weltpremiere beim Sundance Film Festival feierte und danach bei der 75. Berlinale zu sehen war, krempelt die Norwegerin Emilie Blichfeldt jetzt "Aschenputtel" um.
Bruch mit Konventionen
So frisch sich manche Adaption dieses Märchens, allen voran der Deutschen liebster Weihnachtsfilm "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" (1973), bis heute auch anfühlt und so emanzipiert sich dessen burschikose Protagonistin auch gibt, was ihre Verwandlung vom hässlichen Entlein zur alle Blicke auf sich ziehenden Ballkönigin anbelangt, folgt auch diese Verfilmung konservativen Erzählkonventionen. Dass es Emilie Blichfeldt in erster Linie auf den Bruch mit den Konventionen ankommt, zeigt bereits die Erzählperspektive ihres von ihr selbst verfassten Debüts. "The Ugly Stepsister" ist nicht aus der Sicht Aschenputtels, sondern, wie es bereits der Filmtitel nahelegt, aus Sicht ihrer "hässlichen Stiefschwester" erzählt.
Blichfeldt begeht nicht den Fehler, Aschenputtels angeheiratete Verwandtschaft von vornherein als Monster zu zeichnen. Die für Märchen so typischen "bösen" Stiefmütter und -schwestern machen bei Blichfeldt eine Entwicklung durch. Eingangs ist die von Neuentdeckung Lea Myren bravourös gespielte Titelheldin Elvira ein höfliches, schüchternes, in ihrer Schwärmerei für den Prinzen naives, aber durch und durch liebenswertes Mädchen, mit dem das Publikum sympathisiert. Was nicht zuletzt daran liegt, dass die von Thea Sofie Loch Næss verkörperte Agnes, aus der später Aschenputtel wird und bei der üblicherweise die Sympathien liegen, von Blichfeldt in kein allzu gutes Licht gerückt wird.
Preis der Schönheit
Der eigentliche Konventionsbruch besteht jedoch darin, wie die Regisseurin und Drehbuchautorin die "Tyrannei der Schönheit", wie sie es selbst nennt, in ihren Film einflicht. Wundersame Begebenheiten sucht man bei Blichfeldt vergebens. Die Verwandlung des äußeren Erscheinungsbilds erfolgt weder über magische Haselnüsse noch durch die Zauberhand einer Fee, sondern ist im wahrsten Wortsinn Knochenarbeit. Was "The Ugly Stepsister" strenggenommen nicht zu einem Märchenfilm, sondern zu einem Kostümfilm über die absurden Auswüchse früher Schönheitschirurgie macht.
Hier hört Blichfeldt allerdings nicht auf. Was ihr Debüt aus der Masse der Erstlingswerke heraushebt, ist nicht nur der Umstand, dass sie etwas Neues erzählt, sondern auch, wie erfrischend anders sie dies inszeniert. Der von Synthesizern geprägte Soundtrack kontrastiert bewusst mit dem historischen Setting, holt das Publikum in unsere Gegenwart und führt ihm vor Augen, dass sich hinter Blichfeldts Schauermärchen eine Abrechnung mit der zeitgenössischen Schönheitsindustrie verbirgt. Wie Blichfeldt, vom Body Horror eines David Cronenberg inspiriert, die körperlichen Qualen in ekelerregenden Groß- und Detailaufnahmen überlebensgroß auf die Leinwand wirft, sucht seinesgleichen. Sie selbst bezeichnet das übrigens nicht als Body Horror, sondern hat dafür die treffend schöne Formulierung "Beauty Horror" gefunden.
Fazit: In ihrem Debütfilm "The Ugly Stepsister" dreht die norwegische Regisseurin und Drehbuchautorin Emilie Blichfeldt "Aschenputtel" auf links und macht daraus ein ekelerregendes Schauermärchen über die Auswüchse des Schönheitswahns. Eigenwilliger "Beauty Horror"!
Falk Straub
TrailerAlle "The Ugly Stepsister"-Trailer anzeigen

Besetzung & Crew von "The Ugly Stepsister"
Land: NorwegenJahr: 2025
Genre: Drama, Komödie
Originaltitel: Den stygge stesøsteren
Länge: 110 Minuten
Kinostart: 05.06.2025
Darsteller: Lea Myren als Elvira, Flo Fagerli als Alma, Isac Calmroth als Prince Julian, Malte Gårdinger, Ralf Karlsson
Kamera: Marcel Zyskind
Verleih: Central Film, Capelight Pictures