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Leonora im Morgenlicht (2025)

Leonora in the Morning Light

Biopic über eine englische Künstlerin, die mehr Beachtung verdient hätte.Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 4 / 5
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Als Leonora Carrington (Olivia Vinall) in den 1930er-Jahren in Paris dem Kreis der Surrealisten um André Breton (Denis Eyriey) beitritt, hat sie ihre betuchte Herkunft lange hinter sich gelassen. 1917 als Tochter eines wohlhabenden Textilfabrikanten geboren, wuchs sie mit drei Brüdern in einem Herrenhaus auf, genoss als Mädchen aber nie dieselben Freiheiten wie ihre männlichen Geschwister. In Paris lernt sie Max Ernst (Alexander Scheer) kennen, der gerade mitten in der Scheidung von seiner zweiten Ehefrau steckt. Gemeinsam ziehen Carrington und Ernst in ein Bauernhaus im südfranzösischen Saint-Martin-d'Ardèche, wo sie Tage voller Kunst und Muße verbringen.

Als Ernst nach der Besetzung Frankreichs durch die Nationalsozialisten als deutscher Staatsbürger von den Franzosen verhaftet und interniert wird, flieht Carrington über die Grenze nach Spanien, landet dort nach einem Zusammenbruch allerdings in einer Heilanstalt. Über den Umweg Lissabon schafft sie es nach Mexiko, wo sie sich an der Seite des ungarischen Fotografen Emérico "Chiki" Weisz (István Téglás) ein neues Leben aufbaut und unter Förderung des britischen Mäzens Edward James (Ryan Gage) ihren Stil weiterentwickelt.

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"Leonora im Morgenlicht": Ein surrealistisches Leben

Sie ist eine der wichtigsten Vertreterinnen der surrealistischen Malerei, in ihrer Wahlheimat Mexiko ebenso berühmt wie beliebt, in ihrer englischen Heimat und in der internationalen Kunstwelt aber nach wie vor eher eine Unbekannte, was sich erst seit Kurzem ändert: Leonora Carrington (1917–2011). Wie so viele Frauen an der Seite berühmter Künstler wurde auch Carrington auf ihre Rolle als Muse reduziert. Dass ihre Beziehung mit dem 26 Jahre älteren Max Ernst (1891–1976) nur wenige Jahre währte, sie auch an seiner Seite eigene Kunstwerke schuf und Ernst eine ebenbürtige Partnerin war, wurde in der öffentlichen Wahrnehmung gern übersehen. Was einmal mehr vor Augen führt, dass Kunstgeschichte (zu) lange Zeit von Männern mit vorgefertigten Meinungen geschrieben wurde.

Thor Klein und Lena Vurma setzen dem ihre eigene Geschichtsschreibung entgegen. Das biografische Drama des Regieduos öffnet den Blick auf eine unterschätzte Künstlerin. Was nicht zuletzt dadurch gelingt, dass Klein und Vurma die Chronologie aufbrechen und stattdessen auf eine offene Erzählform setzen.

Nonlinear und unabgeschlossen

Es ist nicht das erste Mal, dass das Duo, dass auch im echten Leben ein Paar ist, ein Biopic über einen Menschen realisiert hat, der von der Geschichtsschreibung übersehen wird. Der Film "Abenteuer eines Mathematikers" (2020), den Vurma produzierte und bei dem Klein Regie führte und das Drehbuch verfasste, handelt vom polnischen Wissenschaftler Stanisław Ulam (1909–1984), der als Teil des Manhattan-Projekts am Bau der ersten Atombombe beteiligt war. Und schon bei jenem ersten Biopic zeigte sich eine Stärke, die sich nun auch in "Leonora im Morgenlicht" wiederfindet: die Akribie, die in die Gestaltung von Sets und Kostümen geflossen ist, um ein überzeugendes Zeitkolorit auf die Kinoleinwand zu werfen.

Ohne Schwächen kamen die "Abenteuer eines Mathematikers" allerdings nicht aus. Bis auf den Protagonisten fehlte es den Figuren an Kontur. Und Kleins Drehbuch bot kaum Spannungsmomente, was zum einen an der elliptischen Erzählweise und zum anderen daran lag, dass sich der Regisseur für Ulams Arbeit nur am Rande interessierte. Auch bei ihrer neuen Titelheldin legen Thor Klein und Lena Vurma stets etwas mehr Augenmerk auf das Privatleben als auf ihr künstlerisches Schaffen. Und auch die Handlung von "Leonora im Morgenlicht" ist elliptisch, hat aber zwei entscheidende Vorteile: Zum einen schreitet das vom Duo gemeinsam verfasste Drehbuch die Lebensstationen Leonora Carringtons nicht chronologisch ab, zum anderen spielt dem Gespann das Grundthema des Films in die Karten. Kunst, zumal es sich um surrealistische handelt, lässt sich einfach so viel aufregender als dröge Mathematik in Szene setzen.

Lyrisch und traumhaft

Das in mehrere Kapitel unterteilte Drama beginnt denn auch nicht mit Leonora Carringtons Geburt, sondern setzt in der Mitte des 20. Jahrhunderts mitten im mexikanischen Regenwald ein. Die von Olivia Vinall couragiert und facettenreich verkörperte Titelheldin ist an der Seite ihres zweiten Ehemanns Emérico "Chiki" Weisz (István Téglás) auf dem Weg zum britischen Multimillionär und Mäzen Edward James (Ryan Gage), der im floralen Dickicht eine surreale Stadt voller unfertiger Skulpturen errichtet. Mariá Portugals summende Musik mischt sich mit dem Surren der Insekten und dem Zwitschern und Krächzen der Vögel, während Tudor Vladimir Pandurus Kamera sanft über die Hügel der endlos erscheinenden Natur gleitet. Als Leonora Carrington schließlich durch James' selbst ernannten "Garten Eden" schreitet und Treppen emporsteigt, die ins Nichts zu führen scheinen, kommen die Filmbilder surrealistischen Gemälden gleich.

In diesen ersten Minuten setzen Klein und Vurma einen lyrischen, traumhaft-surrealistischen Ton, der den gesamten Film durchzieht und trägt. In ihrem Biopic, das auf dem Roman "Leonora" der Schriftstellerin Elena Poniatowska basiert, geht es um die Selbstfindung und Selbstermächtigung einer Frau, die in ihrer Kunst nach dem Weiblichen in der Natur und dem Matriarchat im Mythischen suchte und dadurch einen feministischen Gegenpol zu den patriarchalen Strukturen des Kunstbetriebs setzte. Es geht um die Frage, ob und inwieweit Genie und Wahnsinn sich gegenseitig beeinflussen. Und darum, zwei gegensätzliche und doch untrennbare Seiten einer Künstlerin zu zeigen: Fragilität und Stabilität, Schwäche und Stärke, die letzten Endes in Resilienz aufgehen.

Traumgleiche Stimmung, traumhaftes Paar

Die nonchronologische Erzählweise trägt zur traumgleichen Stimmung dieses Films bei. Rückblenden in Leonoras Kindheit, in denen sie sich als kleines Mädchen vermittels einer eingebildeten Hyäne an ihrem hartherzigen Vater rächt, verstärken den symbolhaften Charakter dieses Dramas, das aber nicht nur auf visueller Ebene überzeugt. Mit Alexander Scheer, der in die Rolle des Malers Max Ernst schlüpft, erhält die Hauptdarstellerin Olivia Vinall einen ebenbürtigen Partner, der "Leonora im Morgenlicht" auch auf schauspielerischer Ebene sehenswert macht.

Fazit: In ihrem Biopic "Leonora im Morgenlicht" setzen Thor Klein und Lena Vurma der surrealistischen Künstlerin Leonora Carrington (1917–2011) ein filmisches Denkmal. Das Drama beeindruckt durch starke Hauptdarsteller, eine nonlineare Erzählweise und traumhafte Bilder, die in ihren schönsten Einstellungen selbst an surrealistische Gemälde erinnern.




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Besetzung & Crew von "Leonora im Morgenlicht"

Land: Deutschland, Mexiko, Rumänien
Jahr: 2025
Genre: Drama, Biopic
Originaltitel: Leonora in the Morning Light
Länge: 73 Minuten
Kinostart: 17.07.2025
Regie: Thor Klein, Lena Vurma
Darsteller: Olivia Vinall, Alexander Scheer, Ryan Gage, Cassandra Ciangherotti, Luis Gerardo Méndez
Kamera: Tudor Vladimir Panduru
Verleih: Alamode Film

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