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Zweitland (2025)
Historiendrama aus Österreich, Italien und Deutschland über eine Familie, die vom Strudel einer Befreiungsbewegung mitgerissen wird.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung:
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 2 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Südtirol, Anfang der 1960er-Jahre: Obwohl sich die deutschsprachige Minderheit innerhalb Italiens bereits einige Rechte erstritten hat, sehen viele junge Männer ihre Zukunft woanders. Paul (Thomas Prenn) und sein bester Freund Hans (Fabian Mair Mitterer) finden partout keine Arbeit, weil die Behörden Italiener bei der Arbeitsvermittlung bevorzugen. Weshalb der zeichnerisch begabte Paul von einem Kunststudium in München träumt. Doch dann zerschlagen sich seine Pläne.
Paul lebt auf dem Bauernhof seiner Familie an der Seite seines älteren Bruders Anton (Laurence Rupp), dessen Frau Anna (Aenne Schwarz) und ihrem Sohn Thomas (Niclas Carli). Als eine Separatistenbewegung in der "Feuernacht" vom 11. auf den 12. Juni 1961 mehr als 30 Strommasten in die Luft sprengt, ändert sich das Leben der kleinen Familie für immer. Anton war an der Aktion beteiligt und muss über die Grenze nach Österreich fliehen. Hans wird verhaftet. Fortan sind Paul, Anna und Thomas auf sich allein und Paul vor das Dilemma gestellt, ob er seinem besten Freund oder seinem Bruder helfen soll.
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Filmkritik
"Zweitland": Ein zähes Ringen
Zum Auftakt ein Ringkampf: Mit nacktem Oberkörper liefern sich die Brüder Anton (Laurence Rupp) und Paul (Thomas Prenn) ein persönliches Duell auf der Dorfwiese, der halbe Ort der kleinen Südtiroler Gemeine schaut zu. Die von Felix Wiedemann geführte Handkamera klebt an den verschwitzten Körpern, macht das Kinopublikum durch die vielen Unschärfen schwindeln. Dass diese Szene am Anfang dieses Regiedebüts steht, hat einen guten Grund, arbeitet der Debütant Michael Kofler in seinem selbst verfassten Drehbuch doch mit viel Symbolik. Das ungleiche Brüderpaar ringt nicht nur buchstäblich, sondern auch im übertragenen Sinn miteinander, mit sich selbst und mit der Welt. Ähnelt es zunächst den biblischen Brüdern Kain und Abel, stellt Kofler am Ende Vergleiche zu Jesus und Judas an, die allerdings so subtil sind, dass er sein Drama nicht damit überfrachtet.
Ein unbekanntes Kapitel
Der gebürtige Südtiroler Michael Kofler beleuchtet in "Zweitland" ein historisches Kapitel, das außerhalb Italiens und Österreichs nicht vielen Kinozuschauern bekannt sein dürfte. Ja, selbst in seiner Heimatregion wurde es lange Zeit totgeschwiegen. Wenn heutzutage von (gewalttätigen) Separatistenbewegungen in Europa die Rede ist, denkt die Mehrheit zuallererst an die IRA in Irland oder die ETA in Spanien. Doch auch im Norden Italiens kam es ab 1961 zu Gewaltakten. Eine Gruppe versuchte, den Wiederanschluss Südtirols an Österreich mit Nachdruck zu erreichen. Anfangs richteten sich die Aktionen nur gegen Objekte und Infrastruktur, bald jedoch forderten sie auch Menschenleben. "Der Gedanke, dass in der vom Hochglanztourismus geprägten Umgebung, in der ich aufwuchs, nur wenige Jahrzehnte zuvor Bomben explodierten und scharf geschossen wurde, schien mir unvorstellbar", sagt der Regisseur.
Ein "Anti-Heimatfilm"
Koflers Debüt verzichtet auf Effekthascherei. Die meiste Zeit über werden die eigentlichen Anschläge nicht in Szene gesetzt, sondern lediglich die Ergebnisse und deren Auswirkungen gezeigt. Das Thema seines Films hätte sich problemlos mit dicken Pinselstrichen auf die Kinoleinwand übertragen lassen, etwa als Politthriller mit vielen Schauwerten und Spannungsmomenten. Stattdessen hat sich Kofler dazu entschlossen, ein intimes Familienporträt zu zeichnen. Eine gute Wahl.
Unglücklich ist hingegen die Entscheidung, selbst in ruhigen Momenten eine unruhige Handkamera zu verwenden, lenkt das Formale in diesen Situationen doch zu sehr und vollkommen unnötig vom Inhalt ab. Ebenso stört es gewaltig, dass sich die Figuren nichts zu sagen haben. Die Absicht dahinter ist nachvollziehbar. Kofler wollte einen "Anti-Heimatfilm" drehen, wie er selbst sagt, und das ist ihm auch gelungen. Diesen "in einer Welt, in der wenig Platz für große Worte bleibt", anzusiedeln, wo deshalb "oft ein Schweigen genügen muss", ist jedoch die falsche Wahl. Denn den Figuren, die ansonsten keineswegs auf den Mund gefallen sind, nimmt man dieses Schweigen irgendwann nicht mehr ab. Hier wäre es besser gewesen, Kofler hätte sich dazu durchgerungen, dass sich seine Figuren zumindest ein paar Worte abringen können.
Fazit: Michael Koflers Historiendrama "Zweitland" ist ein selbst ernannter "Anti-Heimatfilm", der wie seine Hauptfigur mit feinem Strich zeichnet, anstatt mit dem dicken Pinsel zu hantieren. Eine ruhigere Kameraführung und etwas mehr Mut der Figuren, die eigenen Gefühle in Worte zu packen, hätten diesem Spielfilmdebüt allerdings gutgetan.
Zum Auftakt ein Ringkampf: Mit nacktem Oberkörper liefern sich die Brüder Anton (Laurence Rupp) und Paul (Thomas Prenn) ein persönliches Duell auf der Dorfwiese, der halbe Ort der kleinen Südtiroler Gemeine schaut zu. Die von Felix Wiedemann geführte Handkamera klebt an den verschwitzten Körpern, macht das Kinopublikum durch die vielen Unschärfen schwindeln. Dass diese Szene am Anfang dieses Regiedebüts steht, hat einen guten Grund, arbeitet der Debütant Michael Kofler in seinem selbst verfassten Drehbuch doch mit viel Symbolik. Das ungleiche Brüderpaar ringt nicht nur buchstäblich, sondern auch im übertragenen Sinn miteinander, mit sich selbst und mit der Welt. Ähnelt es zunächst den biblischen Brüdern Kain und Abel, stellt Kofler am Ende Vergleiche zu Jesus und Judas an, die allerdings so subtil sind, dass er sein Drama nicht damit überfrachtet.
Ein unbekanntes Kapitel
Der gebürtige Südtiroler Michael Kofler beleuchtet in "Zweitland" ein historisches Kapitel, das außerhalb Italiens und Österreichs nicht vielen Kinozuschauern bekannt sein dürfte. Ja, selbst in seiner Heimatregion wurde es lange Zeit totgeschwiegen. Wenn heutzutage von (gewalttätigen) Separatistenbewegungen in Europa die Rede ist, denkt die Mehrheit zuallererst an die IRA in Irland oder die ETA in Spanien. Doch auch im Norden Italiens kam es ab 1961 zu Gewaltakten. Eine Gruppe versuchte, den Wiederanschluss Südtirols an Österreich mit Nachdruck zu erreichen. Anfangs richteten sich die Aktionen nur gegen Objekte und Infrastruktur, bald jedoch forderten sie auch Menschenleben. "Der Gedanke, dass in der vom Hochglanztourismus geprägten Umgebung, in der ich aufwuchs, nur wenige Jahrzehnte zuvor Bomben explodierten und scharf geschossen wurde, schien mir unvorstellbar", sagt der Regisseur.
Ein "Anti-Heimatfilm"
Koflers Debüt verzichtet auf Effekthascherei. Die meiste Zeit über werden die eigentlichen Anschläge nicht in Szene gesetzt, sondern lediglich die Ergebnisse und deren Auswirkungen gezeigt. Das Thema seines Films hätte sich problemlos mit dicken Pinselstrichen auf die Kinoleinwand übertragen lassen, etwa als Politthriller mit vielen Schauwerten und Spannungsmomenten. Stattdessen hat sich Kofler dazu entschlossen, ein intimes Familienporträt zu zeichnen. Eine gute Wahl.
Unglücklich ist hingegen die Entscheidung, selbst in ruhigen Momenten eine unruhige Handkamera zu verwenden, lenkt das Formale in diesen Situationen doch zu sehr und vollkommen unnötig vom Inhalt ab. Ebenso stört es gewaltig, dass sich die Figuren nichts zu sagen haben. Die Absicht dahinter ist nachvollziehbar. Kofler wollte einen "Anti-Heimatfilm" drehen, wie er selbst sagt, und das ist ihm auch gelungen. Diesen "in einer Welt, in der wenig Platz für große Worte bleibt", anzusiedeln, wo deshalb "oft ein Schweigen genügen muss", ist jedoch die falsche Wahl. Denn den Figuren, die ansonsten keineswegs auf den Mund gefallen sind, nimmt man dieses Schweigen irgendwann nicht mehr ab. Hier wäre es besser gewesen, Kofler hätte sich dazu durchgerungen, dass sich seine Figuren zumindest ein paar Worte abringen können.
Fazit: Michael Koflers Historiendrama "Zweitland" ist ein selbst ernannter "Anti-Heimatfilm", der wie seine Hauptfigur mit feinem Strich zeichnet, anstatt mit dem dicken Pinsel zu hantieren. Eine ruhigere Kameraführung und etwas mehr Mut der Figuren, die eigenen Gefühle in Worte zu packen, hätten diesem Spielfilmdebüt allerdings gutgetan.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Zweitland"
Land: Deutschland, Italien, ÖsterreichJahr: 2025
Genre: Drama
Länge: 112 Minuten
FSK: 12
Kinostart: 04.12.2025
Regie: Michael Kofler
Darsteller: Thomas Prenn, Aenne Schwarz, Laurence Rupp, Francesco Acquaroli, Andrea Fuorto
Kamera: Felix Wiedemann
Verleih: Weltkino Filmverleih
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