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Der Kuss des Grashüpfers (2025)
Drama über einen Schriftsteller, der mit sich selbst, seinem Vater und seiner Lebensgefährtin ringt.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 3 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Der Schriftsteller Bernard (Lenn Kudrjawizki) hat eigentlich keinen Grund zur Sorge. Er ist gerade in eine neue Wohnung gezogen und finanziell unabhängig. Auch wenn er nicht weiß, was er als Nächstes anpacken soll, ist er nicht auf Aufträge angewiesen. Und doch ist Bernard nicht zufrieden mit seinem Leben.
Die Beziehung zu seinem Vater Carlos (Michael Hanemann) ist belastet. Bernard wirft Carlos vor, schon seit Bernards Kindheit verschlossen, unnahbar und distanziert zu sein. Charaktereigenschaften, die sich anscheinend vom Vater auf den Sohn übertragen haben. Denn auch Bernards Partnerin Agata (Sophie Mousel) wirft ihrem Lebensgefährten Distanziertheit vor. Als bei Carlos ein Tumor diagnostiziert wird, gerät Bernards Welt noch weiter aus den Fugen.
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Filmkritik
"Der Kuss des Grashüpfers": Bedrückende Nähe und Distanz
Dieses Leben ist alles andere als rosig. Der freiberufliche Schriftsteller Bernard neigt zur Depression, leidet unter dem distanzierten Verhältnis zu seinem Vater Carlos und schiebt seine Freundin Agata immer dann, wenn ihre Beziehung gerade gut zu laufen scheint, ein Stückchen weiter von sich weg. Als sein Vater eine fatale Diagnose erhält, verdüstert sich seine ohnehin schon dunkle Welt, die der Regisseur Elmar Imanov mit Elementen aus dem Surrealismus und dem Magischen Realismus recht buchstäblich in Szene setzt.
Wenn der von Lenn Kudrjawizki mit stoischer Miene gespielte Bernard tagtäglich die U-Bahn betritt, dann ist sein trister Alltag tatsächlich Grau in Grau. Alle Mitfahrenden tragen dunkle Kleidung, warme Farbtöne sucht man in diesem Film vergebens. Und die Wände von Bernards neuer, mit geometrischer Strenge und aseptischer Kühle eingerichteten Wohnung sind schwarz gestrichen. Später, als die Verzweiflung zunimmt, ergießt sich eine Flüssigkeit aus Bernards Dusche, die wie Erdöl aussieht, was den Eindruck erweckt, als ob er sich seinen Frust nicht länger von der Seele waschen könne.
Metaphorisch aufgeladen
Sprechende Bilder wie dieses, die das Innere des Protagonisten nach außen kehren, zeugen von großer Kreativität. Imanovs Film, den er als Reaktion auf den Krebstod seines eigenen Vaters geschrieben hat, ist voll davon. Einmal klettert Bernards Nachbar barfuß über das Mobiliar seines Wohnzimmers und führt so ein beinahe schwereloses Tänzchen auf, ein anderes Mal folgt Bernard einem Müllwagen, der während der Fahrt seine Ladung verliert und auf diese Weise nach und nach eine Straße mit Kinderspielzeug füllt, bevor eine unwirklich anmutende Puppe in Bernards Händen ihren letzten Atem aushaucht. Das große Problem bei alldem: Die starken Einzelbilder fügen sich zwar zu einem konzeptionell und emotional stimmigen, aber nie zu einem inhaltlich überzeugenden Ganzen zusammen. Beachtlich ist das trotzdem.
Dass man auf ihn achten sollte, hat der 1985 in Aserbaidschans Hauptstadt Baku geborene und ab 1998 in Köln-Ehrenfeld aufgewachsene Regisseur bereits mehrfach bewiesen. "Die Schaukel des Sargmachers" (2012), sein Abschlussfilm an der Internationalen Filmschule Köln, gewann mehr als 40 Preise, darunter auch einen Studenten-Oscar. Sein Kurzfilm "Torn" (2014) feierte beim Filmfestival in Cannes Weltpremiere und sein Langfilmdebüt "End of Season" (2021) in Rotterdam. Weil er nicht länger auf Geld von der Filmförderung warten wollte, setzte er "End of Season" kurzerhand mit eigenen Ersparnissen um. Das in Baku gedrehte Familiendrama, in dem eine Mutter während eines Sonntagsausflugs ans Meer spurlos verschwindet, setzte auf sonnendurchflutete Aufnahmen und eine metaphorisch aufgeladene Ebene. Trotz einer überschaubaren Laufzeit von 92 Minuten geriet das Debüt allerdings langatmig. In "Der Kuss des Grashüpfers" zieht der Regisseur die von ihm selbst verfasste Handlung nun so sehr in die Länge, dass man irgendwann das Interesse verliert.
Kryptisch, sperrig, reserviert
"Der Kuss des Grashüpfers" feierte im Februar 2025 im Forum der 75. Berlinale Premiere. Was man dem Film zugutehalten muss, ist sein unbedingter Wille zur Stilisierung, der so vielen deutschen Filmen entweder gänzlich abgeht oder durch zu viel Mitsprache während der Filmförderung ausgetrieben wird. Ein so eigenwilliges Werk wie dieses, in dem ein Mann gemeinsam mit einem Schaf wohnt, einen riesigen Grashüpfer küsst und am Ende durch technische Hilfsmittel selbst zu einer Art menschlichem Insekt wird, bekommt man in der deutschen Filmlandschaft nicht alle Tage zu Gesicht.
Die zurückhaltende Inszenierung, die so reserviert wie die Hauptfigur ist, und die bemüht kryptischen Dialoge, die stets nur andeuten, anstatt Dinge konkret anzusprechen, erschweren jedoch den Zugang. Ein Publikumsliebling wird "Der Kuss des Grashüpfers" nicht werden. Doch selbst Fans des abseitigen Kinos macht es Elmar Imanov nicht leicht. Sein Film ist schlicht zu sperrig, langsam und lähmend, um von den Sitzen zu reißen. Eine Beziehung zu Bernard baut das Publikum nie auf. Letztlich teilt dieses Drama das Schicksal seines Protagonisten: Es ist um Nähe bemüht, schafft dabei aber nur Distanz.
Fazit: Auf "End of Season" (2021) folgt "Der Kuss des Grashüpfers" und auch Elmar Imanovs zweiter abendfüllender Spielfilm ist wieder außergewöhnlich geraten. Mit surrealen und magisch realistischen Momenten gespickt, zaubert der Regisseur und Drehbuchautor faszinierende Bilder auf die große Leinwand, wie sie viel zu selten im deutschen Kino zu sehen sind. Mit Imanov wird also auch in Zukunft zu rechnen sein, selbst wenn sein jüngstes Werk zu kryptisch bleibt, um von den Sitzen zu reißen.
Dieses Leben ist alles andere als rosig. Der freiberufliche Schriftsteller Bernard neigt zur Depression, leidet unter dem distanzierten Verhältnis zu seinem Vater Carlos und schiebt seine Freundin Agata immer dann, wenn ihre Beziehung gerade gut zu laufen scheint, ein Stückchen weiter von sich weg. Als sein Vater eine fatale Diagnose erhält, verdüstert sich seine ohnehin schon dunkle Welt, die der Regisseur Elmar Imanov mit Elementen aus dem Surrealismus und dem Magischen Realismus recht buchstäblich in Szene setzt.
Wenn der von Lenn Kudrjawizki mit stoischer Miene gespielte Bernard tagtäglich die U-Bahn betritt, dann ist sein trister Alltag tatsächlich Grau in Grau. Alle Mitfahrenden tragen dunkle Kleidung, warme Farbtöne sucht man in diesem Film vergebens. Und die Wände von Bernards neuer, mit geometrischer Strenge und aseptischer Kühle eingerichteten Wohnung sind schwarz gestrichen. Später, als die Verzweiflung zunimmt, ergießt sich eine Flüssigkeit aus Bernards Dusche, die wie Erdöl aussieht, was den Eindruck erweckt, als ob er sich seinen Frust nicht länger von der Seele waschen könne.
Metaphorisch aufgeladen
Sprechende Bilder wie dieses, die das Innere des Protagonisten nach außen kehren, zeugen von großer Kreativität. Imanovs Film, den er als Reaktion auf den Krebstod seines eigenen Vaters geschrieben hat, ist voll davon. Einmal klettert Bernards Nachbar barfuß über das Mobiliar seines Wohnzimmers und führt so ein beinahe schwereloses Tänzchen auf, ein anderes Mal folgt Bernard einem Müllwagen, der während der Fahrt seine Ladung verliert und auf diese Weise nach und nach eine Straße mit Kinderspielzeug füllt, bevor eine unwirklich anmutende Puppe in Bernards Händen ihren letzten Atem aushaucht. Das große Problem bei alldem: Die starken Einzelbilder fügen sich zwar zu einem konzeptionell und emotional stimmigen, aber nie zu einem inhaltlich überzeugenden Ganzen zusammen. Beachtlich ist das trotzdem.
Dass man auf ihn achten sollte, hat der 1985 in Aserbaidschans Hauptstadt Baku geborene und ab 1998 in Köln-Ehrenfeld aufgewachsene Regisseur bereits mehrfach bewiesen. "Die Schaukel des Sargmachers" (2012), sein Abschlussfilm an der Internationalen Filmschule Köln, gewann mehr als 40 Preise, darunter auch einen Studenten-Oscar. Sein Kurzfilm "Torn" (2014) feierte beim Filmfestival in Cannes Weltpremiere und sein Langfilmdebüt "End of Season" (2021) in Rotterdam. Weil er nicht länger auf Geld von der Filmförderung warten wollte, setzte er "End of Season" kurzerhand mit eigenen Ersparnissen um. Das in Baku gedrehte Familiendrama, in dem eine Mutter während eines Sonntagsausflugs ans Meer spurlos verschwindet, setzte auf sonnendurchflutete Aufnahmen und eine metaphorisch aufgeladene Ebene. Trotz einer überschaubaren Laufzeit von 92 Minuten geriet das Debüt allerdings langatmig. In "Der Kuss des Grashüpfers" zieht der Regisseur die von ihm selbst verfasste Handlung nun so sehr in die Länge, dass man irgendwann das Interesse verliert.
Kryptisch, sperrig, reserviert
"Der Kuss des Grashüpfers" feierte im Februar 2025 im Forum der 75. Berlinale Premiere. Was man dem Film zugutehalten muss, ist sein unbedingter Wille zur Stilisierung, der so vielen deutschen Filmen entweder gänzlich abgeht oder durch zu viel Mitsprache während der Filmförderung ausgetrieben wird. Ein so eigenwilliges Werk wie dieses, in dem ein Mann gemeinsam mit einem Schaf wohnt, einen riesigen Grashüpfer küsst und am Ende durch technische Hilfsmittel selbst zu einer Art menschlichem Insekt wird, bekommt man in der deutschen Filmlandschaft nicht alle Tage zu Gesicht.
Die zurückhaltende Inszenierung, die so reserviert wie die Hauptfigur ist, und die bemüht kryptischen Dialoge, die stets nur andeuten, anstatt Dinge konkret anzusprechen, erschweren jedoch den Zugang. Ein Publikumsliebling wird "Der Kuss des Grashüpfers" nicht werden. Doch selbst Fans des abseitigen Kinos macht es Elmar Imanov nicht leicht. Sein Film ist schlicht zu sperrig, langsam und lähmend, um von den Sitzen zu reißen. Eine Beziehung zu Bernard baut das Publikum nie auf. Letztlich teilt dieses Drama das Schicksal seines Protagonisten: Es ist um Nähe bemüht, schafft dabei aber nur Distanz.
Fazit: Auf "End of Season" (2021) folgt "Der Kuss des Grashüpfers" und auch Elmar Imanovs zweiter abendfüllender Spielfilm ist wieder außergewöhnlich geraten. Mit surrealen und magisch realistischen Momenten gespickt, zaubert der Regisseur und Drehbuchautor faszinierende Bilder auf die große Leinwand, wie sie viel zu selten im deutschen Kino zu sehen sind. Mit Imanov wird also auch in Zukunft zu rechnen sein, selbst wenn sein jüngstes Werk zu kryptisch bleibt, um von den Sitzen zu reißen.
Falk Straub
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Besetzung & Crew von "Der Kuss des Grashüpfers"
Land: Luxemburg, Italien, DeutschlandJahr: 2025
Genre: Drama
Länge: 128 Minuten
FSK: 16
Kinostart: 21.08.2025
Regie: Elmar Imanov
Darsteller: Lenn Kudrjawizki als Bernhard, Michael Hanemann als Carlos, Sophie Mousel als Agata, Rasim Jafarov als The Face, Marc Fischer als Editor
Kamera: Borris Kehl
Verleih: Neue Visionen