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Der Helsinki Effekt
Der Helsinki Effekt
© Rise and Shine Cinema / Vladimir Musaelyan

Der Helsinki Effekt (2025)

Etwas ausufernde Doku über ein weitgehend unbekanntes Kapitel des kalten KriegesKritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 3 / 5
User-Film-Bewertung [?]: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 2.3 / 5

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Helsinki, 1975: Die sogenannte KSZE-Konferenz findet statt, bei der west- auf osteuropäische Politiker trafen, Staaten des Warschauer Pakts auf NATO-Mitglieder und blockfreie Staaten, die damals noch durch den kalten Krieg geteilt waren. Die über 30 Regierungschefs berieten tagelang - nach jahrelanger Vorbereitungsphase - über Sicherheit und Kooperation in Europa, trotz der ideologischen und politischen Differenzen.

Die Stimmung war gut, die grimmige Kälte des Kalten Krieges wurde durch zwischenmenschliche Wärme transzendiert, und so scherzten US-Präsident Gerald Ford und sein sowjetisches Gegenüber Leonid Breschnew gemeinsam über ihre Gewichtsprobleme. Am Ende wurde von allen Anwesenden ein Schriftsatz unterzeichnet, der unter anderem des Austausch von Informationen, Medien, Menschen erleichterten: Dieses unbedeutende Ereignis sollte das Ende der Sowjetunion einleiten.

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Filmkritikunterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse3 / 5


Im letzten Drittel seines Filmes fragt Regisseur Arthur Franck, zugleich auch Erzählstimme aus dem Off, sein Publikum, ob es bereits eingeschlafen sei. Wenn nicht, könnte man jetzt auch bis zum Ende durchhalten, meint er nicht ohne Selbstironie in Bezug auf sein Werk. Das macht die Sache einerseits natürlich sympathisch - aber der wahre Kern der Aussage lässt sich nicht verleugnen: "The Helsinki Effect" präsentiert sehr trockenes Material, dessen Spannungsgehalt eher gering ist. Aber dem Film gelingt es eben auch nicht, seinen Inhalt spannend zu vermitteln.

Ausgangspunkt ist Francks Recherche, sein Wühlen durch Aufnahmen und Transkripten von der KSZE-Konferenz 1975. Er lässt das Publikum an seinem Rechercheprozess teilhaben und unterteilt das Ergebnis in 12 Unterkapitel. Immer wieder springt er zwischen den Jahrzehnten umher, um den "größeren Kontext" zu illustrieren.

Im Zentrum stehen trotzdem die Aufnahmen der Konferenz in Helsinki, die mit einem gemeinsamen Beschluss aller anwesenden Staaten enden sollte: Es werden Vereinbarungen über unverrückbare Grenzen getroffen - im Interesse der UdSSR - und solche über den offeneren Austausch von und Zugang zu Informationen zwischen den Blöcken, von denen die Bevölkerungen profitieren sollen, dies im Interesse der westlichen Staaten.

Am Anfang von "The Helsinki Effect" wird Breschnews Unterschrift unter das Abschlussdokument als "große Sache" angeteasert, die alles für immer verändern sollte. Der Begriff "The Helsinki Effect" ist an jenen des "Butterfly Effect" angelehnt, der Theorie, die besagt, dass kleinste Veränderungen innerhalb eines geschlossenen Systems zeitverzögert große Effekte bewirken können. Den Beleg für die behauptete Bedeutung kann der Film in seinen knapp 90 Minuten aber nicht liefern.

Franck geht es einerseits darum, die KSZE-Konferenz retrospektiv neu zu bewerten und auch den Beitrag seiner Heimat Finnland als damals "neutraler Staat zwischen Ost und West" und als Gastgeber herauszustellen, andererseits eine Ode an die "langweilige", aber wirkmächtige Kraft der Diplomatie zu singen. Diese beiden Vorhaben gelingen unterschiedlich gut: Während ersteres Vorhaben scheitert, gelingt zweiteres insofern, als man sich am Ende des Films angesichts der aktuellen Weltlage ein Äquivalent zum "Helsinki Effect" wünschen möchte, das die irrsinnige Speed Kills-Logik und den oft hasserfüllten Ton politischer Debatten und Mechanismen vielleicht zur durchbrechen vermag.

Es ist schwer festzumachen, woran der Film nun konkret scheitert: Es mag schon am trockenen Ausgangsmaterial liegen, wie der Regisseur ja selbst zugesteht. Und er versucht alles, den Stoff "aufzupeppen", Humor in seine Geschichte einfließen zu lassen. Vielleicht ist aber das genau der falsche Zugang und es wäre es besser gewesen, den trockenen Stoff ebenso trocken zu präsentieren und nicht zu versuchen, ihm unbedingt Unterhaltungswert abzuringen.

Fazit: "The Helsinki Effect" kann seine Versprechungen nur bedingt einlösen. Es wäre sinnvoll gewesen, Experten, Historiker, Politiker, Zeitzeugen um ihre retrospektive Einschätzung zu bitten, um das Ganze lebendiger und die Bedeutung für die Gegenwart sichtbarer zu machen. So bleibt am Ende zwar die nicht unwichtige Erkenntnis hängen, dass langweilige Politik im Zweifel besser ist als lauter, schriller Populismus. Dass man (historische) Politthemen dokumentarisch aber um einiges spannender umsetzen kann, dafür gibt es genügend Beispiele.





Besetzung & Crew von "Der Helsinki Effekt"

Land: Finnland, Deutschland, Norwegen
Jahr: 2025
Genre: Dokumentation
Länge: 89 Minuten
Kinostart: 12.06.2025
Regie: Arthur Franck
Darsteller: Yuri Andropov, Carlos Arias Navarro, Gian Luigi Berti, Trygve Bratteli, Leonid Brezhnev
Verleih: Rise and Shine Cinema



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