Nur für einen Tag (2025)

So funktioniert gefühlt jeder dritte US-Independent-Film: Die Rückkehr in die Provinz aus familiären oder beruflichen Gründen führt zur Auseinandersetzung mit einer oft verdrängten Vergangenheit und Konfrontation mit familiären Wurzeln. Im Fall von Amélie Bonnins Kinodebüt basiert das Musical auf ihrem mit einem César ausgezeichneten Kurzfilm "Raus aus der Provinz“ von 2001. Dem Langfilm wurde immerhin die Ehre zuteil, das Cannes-Filmfestival 2025 zu eröffnen. Im Stil von Alain Resnais‘ "Das Leben ist ein Chanson“ wurden populäre Chansons wie "Paroles, Paroles“, der Titelsong "Parir un Jour“ oder Poptitel wie "Alors on danse“ eher reduziert und beiläufig einbaut. Hierbei treffen unterschiedliche Stile aufeinander.

Um eine simple Erweiterung handelt es sich jedoch nicht: Bonnin wechselte die Rollen der Geschlechter. In der früheren Fassung kehrte Bastien Bouillon zurück und traf auf seinen früheren Schwarm, Sängerin Juliette Armanet. Francois Rollin übernahm als uneinsichtiger Vater seinen vertrauten, nun aber ausgebauten Part. Für die Mutter gewann Bonnin Altstar Dominique Blanc als bekanntester Name aus der Cast-Liste.

Die schwangere Protagonistin Céline steht zwischen ihrem aktuellen Lebensgefährten und ihre lässig auftretenden Jugendliebe. Mit wenigen Handgriffen wird bei Célines Rückkehr zur Fernfahrerkneipe deutlich, wie vertraut ihr dieses Milieu ist. Bei allem Glamour ihres neuen Lebens konnte sie die früheren Wurzeln nie ganz verleugnen, was gleichsam für die Bindung des reservierten Vaters zu seiner Tochter zutrifft.

Zwischen nostalgischem Rückblick und Zukunftsentscheidung angelegt, vermag die charmante Tragikomödie ihren anfänglichen Schwung nicht immer aufrecht erhalten. In der kaum wendungsreichen Handlung werden nicht alle Konflikte plausibel zu Ende geführt. Dass keineswegs alle Darsteller stimmlich auf Armanets Höhe sind, lässt sich dagegen verschmerzen. Nie hatte die Regisseurin ein französisches "Wicked“ im Sinn. Ein allzu glattes Konzept hätte nicht zur rauen Raststätten-Atmosphäre gepasst.

Fazit: Sympathische Provinz-Rückkehr-Story um Zukunftspläne versus Vergangenheitsreminiszenzen mit schwungvollen, nicht immer perfekt interpretierten Songs.