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Hollywoodgate (2023)
Dokumentarfilm über die erneute Machtübernahme der Taliban in Afghanistan.Kritiker-Film-Bewertung:User-Film-Bewertung :
Filmsterne von 1 bis 5 dürfen vergeben werden, wobei 1 die schlechteste und 5 die beste mögliche Bewertung ist. Es haben insgesamt 1 Besucher eine Bewertung abgegeben.
Afghanistan ist ein vom Krieg versehrtes Land. Auf den Einmarsch der Sowjetarmee im Jahr 1979 folgte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erst die Machtübernahme durch die Mudschaheddin und 1996 schließlich die der Taliban. Nach dem 11. September 2001 wurde diese radikal islamistische Gruppe im Zuge des von den USA geführten sogenannten "Kriegs gegen den Terror" gestürzt. Doch als die in Afghanistan stationierten internationalen Truppen Ende August 2021 vollständig abgezogen waren, dauerte es trotz beinahe 20 Jahren Besatzung und Demokratiebestrebungen nicht lange, bis die Taliban erneut die Macht erlangten und abermals das Islamische Emirat Afghanistan ausriefen.
Nur wenige Tage, nachdem der letzte US-Soldat das Land verlassen hatte, landete der Regisseur Ibrahim Nash'at in der Hauptstadt Kabul. Mithilfe eines Dolmetschers und mit seiner Kamera hat er einen hochrangigen Offizier und einen Bodensoldaten das folgende Jahr begleitet.
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Filmkritik
"Hollywoodgate": Die Banalität des Bösen
Mitunter ist das Filmemachen ein gefährliches Unterfangen. Für sein Langfilmdebüt hat sich Ibrahim Nash'at in die Höhle des Löwen begeben. Nur wenige Tage, nachdem das US-Militär überhastet aus Afghanistans Hauptstadt Kabul abgezogen war, kam der Regisseur dort an. Nur mit seiner Kamera "bewaffnet" hat er die Taliban ein Jahr lang begleitet und deren Machtübernahme festgehalten. Allein für Nash'ats Mut und den unschätzbaren nachrichtlichen und historischen Wert des Aufgezeichneten hätte dieser Dokumentarfilm fünf von fünf Sternen verdient. So einfach ist es aber nicht.
"Hollywoodgate" feierte bei den 80. Internationalen Filmfestspielen von Venedig Weltpremiere. Dort wurde der Dokumentarfilm am 31. August 2023 außer Konkurrenz gezeigt. Viele Nominierungen für Filmpreise folgten. "Hollywoodgate" schaffte es unter anderem in die Vorauswahl der 97. Academy Awards (wurde letztlich aber nicht für einen Oscar nominiert) und war für den Deutschen Filmpreis 2025 in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" nominiert. Knapp zwei Jahre nach der Weltpremiere kommt der Film nun auch in die deutschen Kinos.
Bedeutendes Thema, schwierige Perspektive
So wichtig das Thema dieses Debüt auch ist, es ist nicht frei von Schwächen. Das größte Problem ist die Situation, in die sich der Regisseur freiwillig begibt und die eingeschränkte Sichtweise, die sich daraus ergibt. Nash'at handelte eine Abmachung mit den Taliban aus. Wie ein embedded journalist, also ein ziviler Kriegsberichterstatter, der in eine Militäreinheit "eingebettet" ist, darf er nur das filmen, was ihm die Taliban erlauben. Darauf weist der Regisseur zu Beginn seines Films zwar aus dem Off hin und während des Films kommt es wiederholt zu Situationen, in denen er durchaus harsch aufgefordert wird, seine Kamera auszuschalten, auf eine weiterführende Einordnung seiner Arbeitsbedingungen verzichtet Nash'at allerdings. Was Fragen aufwirft: Wie frei durfte er sich überhaupt bewegen? Waren bestimmte Situationen von den Taliban inszeniert? Musste er welche noch einmal drehen, wenn das Ergebnis den Taliban missfiel oder ist alles im Film Gezeigte aus erster Hand? Warum haben ihm die Taliban das Drehen erlaubt? Versprachen sie sich positive Effekte davon? Und vor allem: Was durfte Nash'at nicht filmen?
Darüber lässt sich nur spekulieren. Was "Hollywoodgate", dessen Titel sich auf den Namen eines Tors auf einer US-Militärbasis bezieht, jedenfalls zeigt, ist eine faszinierende, weil seltsam anmutende Mischung aus Übermut, Unfähigkeit und Unmenschlichkeit. Wenn Gruppen von Taliban die Militärbasen erkunden, im Lichtschein ihrer Smartphones in den Kisten riesiger Lagerhallen wühlen und sich wie kleine Kinder über die von den Amerikanern zurückgelassenen Güter freuen, dann wirken sie nicht sonderlich smart. Sieht man sie wenig später auf dem Laufband eines Fitnessraums oder bei der Pilotenausbildung, die an vorsintflutlichen Fahrschulunterricht erinnert, dann ist das gar unfreiwillig komisch. Davon sollte man sich aber nicht täuschen lassen. Auch wenn deren Führer es tunlichst vermeiden, sich vor der Kamera zu inkriminieren, schwingt die patriarchale, archaische, frauen- und menschenfeindliche Ideologie der Taliban, die nicht davor zurückschreckt, Feinde, ohne mit der Wimper zu zucken, zu eliminieren, in den geführten Gesprächen stets mit.
Beängstigend absurder Höhepunkt
Dramaturgisch klug inszeniert mündet der Film in einen beängstigend absurden Höhepunkt. Die vermeintlich primitive Pilotenausbildung ist von Erfolg gekrönt. Während einer Militärparade, bei der auch Diplomaten aus Russland, Pakistan und dem Iran anwesend sind, führen die frisch gebackenen Piloten in alten US-Helikoptern ihre Fähigkeiten vor. Und das "Bataillon der Selbstmordbomber" fährt unter Bewunderung der Tribünengäste auf Motorrädern vorbei. Diese letzten Bilder zeigen vor allem eins: das Versagen der USA, die ausgesprochenen Feinden der Demokratie militärisches Gerät im Wert von mehr als sieben Milliarden US-Dollar hinterlassen haben, das diese inzwischen zu nutzen wissen.
Fazit: Für seinen Mut hätte der Regisseur Ibrahim Nash'at fünf von fünf Sternen verdient, sein Debütfilm "Hollywoodgate" ist aber nicht frei von Schwächen. Die eingeschränkte Perspektive, vor allem aber deren fehlende Kontextualisierung geben Anlass zur Kritik. Dreieinhalb Sterne wären angemessen, können aber nicht vergeben werden, weshalb es am Ende dann doch, nicht zuletzt wegen des hohen zeithistorischen Werts dieses Dokumentarfilms, vier Sterne geworden sind.
Mitunter ist das Filmemachen ein gefährliches Unterfangen. Für sein Langfilmdebüt hat sich Ibrahim Nash'at in die Höhle des Löwen begeben. Nur wenige Tage, nachdem das US-Militär überhastet aus Afghanistans Hauptstadt Kabul abgezogen war, kam der Regisseur dort an. Nur mit seiner Kamera "bewaffnet" hat er die Taliban ein Jahr lang begleitet und deren Machtübernahme festgehalten. Allein für Nash'ats Mut und den unschätzbaren nachrichtlichen und historischen Wert des Aufgezeichneten hätte dieser Dokumentarfilm fünf von fünf Sternen verdient. So einfach ist es aber nicht.
"Hollywoodgate" feierte bei den 80. Internationalen Filmfestspielen von Venedig Weltpremiere. Dort wurde der Dokumentarfilm am 31. August 2023 außer Konkurrenz gezeigt. Viele Nominierungen für Filmpreise folgten. "Hollywoodgate" schaffte es unter anderem in die Vorauswahl der 97. Academy Awards (wurde letztlich aber nicht für einen Oscar nominiert) und war für den Deutschen Filmpreis 2025 in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" nominiert. Knapp zwei Jahre nach der Weltpremiere kommt der Film nun auch in die deutschen Kinos.
Bedeutendes Thema, schwierige Perspektive
So wichtig das Thema dieses Debüt auch ist, es ist nicht frei von Schwächen. Das größte Problem ist die Situation, in die sich der Regisseur freiwillig begibt und die eingeschränkte Sichtweise, die sich daraus ergibt. Nash'at handelte eine Abmachung mit den Taliban aus. Wie ein embedded journalist, also ein ziviler Kriegsberichterstatter, der in eine Militäreinheit "eingebettet" ist, darf er nur das filmen, was ihm die Taliban erlauben. Darauf weist der Regisseur zu Beginn seines Films zwar aus dem Off hin und während des Films kommt es wiederholt zu Situationen, in denen er durchaus harsch aufgefordert wird, seine Kamera auszuschalten, auf eine weiterführende Einordnung seiner Arbeitsbedingungen verzichtet Nash'at allerdings. Was Fragen aufwirft: Wie frei durfte er sich überhaupt bewegen? Waren bestimmte Situationen von den Taliban inszeniert? Musste er welche noch einmal drehen, wenn das Ergebnis den Taliban missfiel oder ist alles im Film Gezeigte aus erster Hand? Warum haben ihm die Taliban das Drehen erlaubt? Versprachen sie sich positive Effekte davon? Und vor allem: Was durfte Nash'at nicht filmen?
Darüber lässt sich nur spekulieren. Was "Hollywoodgate", dessen Titel sich auf den Namen eines Tors auf einer US-Militärbasis bezieht, jedenfalls zeigt, ist eine faszinierende, weil seltsam anmutende Mischung aus Übermut, Unfähigkeit und Unmenschlichkeit. Wenn Gruppen von Taliban die Militärbasen erkunden, im Lichtschein ihrer Smartphones in den Kisten riesiger Lagerhallen wühlen und sich wie kleine Kinder über die von den Amerikanern zurückgelassenen Güter freuen, dann wirken sie nicht sonderlich smart. Sieht man sie wenig später auf dem Laufband eines Fitnessraums oder bei der Pilotenausbildung, die an vorsintflutlichen Fahrschulunterricht erinnert, dann ist das gar unfreiwillig komisch. Davon sollte man sich aber nicht täuschen lassen. Auch wenn deren Führer es tunlichst vermeiden, sich vor der Kamera zu inkriminieren, schwingt die patriarchale, archaische, frauen- und menschenfeindliche Ideologie der Taliban, die nicht davor zurückschreckt, Feinde, ohne mit der Wimper zu zucken, zu eliminieren, in den geführten Gesprächen stets mit.
Beängstigend absurder Höhepunkt
Dramaturgisch klug inszeniert mündet der Film in einen beängstigend absurden Höhepunkt. Die vermeintlich primitive Pilotenausbildung ist von Erfolg gekrönt. Während einer Militärparade, bei der auch Diplomaten aus Russland, Pakistan und dem Iran anwesend sind, führen die frisch gebackenen Piloten in alten US-Helikoptern ihre Fähigkeiten vor. Und das "Bataillon der Selbstmordbomber" fährt unter Bewunderung der Tribünengäste auf Motorrädern vorbei. Diese letzten Bilder zeigen vor allem eins: das Versagen der USA, die ausgesprochenen Feinden der Demokratie militärisches Gerät im Wert von mehr als sieben Milliarden US-Dollar hinterlassen haben, das diese inzwischen zu nutzen wissen.
Fazit: Für seinen Mut hätte der Regisseur Ibrahim Nash'at fünf von fünf Sternen verdient, sein Debütfilm "Hollywoodgate" ist aber nicht frei von Schwächen. Die eingeschränkte Perspektive, vor allem aber deren fehlende Kontextualisierung geben Anlass zur Kritik. Dreieinhalb Sterne wären angemessen, können aber nicht vergeben werden, weshalb es am Ende dann doch, nicht zuletzt wegen des hohen zeithistorischen Werts dieses Dokumentarfilms, vier Sterne geworden sind.
Falk Straub
Besetzung & Crew von "Hollywoodgate"
Land: USA, DeutschlandJahr: 2023
Genre: Dokumentation, Kriegsfilm
Länge: 92 Minuten
Kinostart: 14.08.2025
Regie: Ibrahim Nash'at
Darsteller: Ibrahim Nash'at
Kamera: Ibrahim Nash'at
Verleih: Cine Global Filmverleih