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Mein Onkel - Alain Bécourt und Jacques Tati
Mein Onkel - Alain Bécourt und Jacques Tati
© Gaumont

TV-Tipp für Montag (23.7.): Jacques Tati stolpert in die Moderne

Arte zeigt "Mein Onkel"

"Mein Onkel", Arte, 22 Uhr
Monsieur Hulot (Jacques Tati) besucht das moderne und technologiebasierte Haus seiner Schwester (Adrienne Servantie), seines Schwagers (Jean-Pierre Zola) und seines Neffen (Alain Becourt) - und hat Schwierigkeiten, sich in dieser Welt zurecht zu finden.

"Mon oncle" ist der größte Erfolg des französischen Produzenten, Regisseurs, Drehbuchautors und Hauptdarstellers Jacques Tati. Mit 4,5 Millionen Besuchern in Frankreich 1958, mit dem Oscar als "Bester fremdsprachiger Film" und dem Spezialpreis der Jury bei den Filmfestspielen in Cannes - sozusagen der zweite Platz hinter dem sowjetischen "Wenn die Kraniche ziehen" - übertraf diese französische Komödie die anderen vier Werke, die Tati inszeniert hat.

Der Streifen ist möglicherweise auch das für ein breites Publikum zugänglichste Werk des Filmemachers. Es gibt einen stärkeren Handlungsfaden und mehr Dialoge als sonst üblich, auch ist es der erste Farbfilm von Jacques. Aber wie bei anderen Tati-Filmen dominieren nur durch Geräusche und Farben akzentuierte, als Stummfilmbalett inszenierte Sequenzen.

Wie in fast allen seinen Filmen thematisierte der damals 50-Jährige den Einbruch der Moderne - in diesem Fall geht es um die Architektur - in das Leben der Franzosen, satirisch karikiert als einem Hinterhercheln vermeintlich lebenserleichternder Technik, die durch den weltfremden und im Grunde unschuldig wie ein Kind gezeichneten Monsieur Hulot unwissentlich in Frage gestellt werden. Manche Rezensenten kritisierten bei Aufführung des Films dessen Geisteshaltung als rückwärtsgewandt. Insgesamt verstummten diese kritischen Stimmen schnell aufgrund der Popularität des Streifens, und man nahm ihn als einen Lobgesang auf die sanften Werte des Lebens wahr, der kleine Details liebevoll beobachtete und karikierte.

Die mit erdigen, warmen Farbtönen von Jean Bourgoin aufgenommenen Bilder des alten, chaotischen Stadtviertels, in dem Hulot lebt, entstanden im südöstlich von Paris gelegenen Saint-Maur-des-Fossés. Das mit kalten, schrillen Farben gefilmte aseptische Grundstück der Schwester entstanden in den Victorine Studios nahe Nizza. Haus und Garten wurden 2004 für eine Ausstellung im Architekturmuseum der Pinakothek der Moderne in München und 2014 für eine Ausstellung im Französischen Pavillon der Architekturbiennale in Venedig unter dem Gesichtspunkt der Architekturkritik der Moderne aufgebaut und ausgestellt.

Ein Zuschauer befindet: "Das ist die wunderschönste Sozialkritik der Le Corbusier-Wohnmaschinen, und dazu noch witzig. Der Film spielt mit den Spannungen der Altstadt und der ultra-modernen Vororte und ist dabei schockierend vorausschauend. Plastik ist das große Geschäft, Autos dominieren die Landschaft und drängen Menschen an den Rand. Die Leute, die in riesigen, antiseptischen Häusern leben, haben wenig Sinn für Humor oder ein Bewusstsein - außer materiell. Die Menschen in der Altstadt haben mehr Spaß, vielleicht weil sie nicht ständig alles staubsaugen und in Cafés sitzen. Doch vor allem ist der Fim lustig, viele Situationen und Gags mit Requisiten erinnern an die Three Stooges oder Jerry Lewis, mit herunter gedrehtem Ton. Visuell ist der Streifen ein Hammer. Jacques Tati kann wirklich eine Szene gestalten."



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