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In einer besseren Welt - Mikael Persbrandt, Markus...omsen
In einer besseren Welt - Mikael Persbrandt, Markus Rygaard und Ulrich Thomsen
© Universum Film

TV-Tipps für Sonntag (7.10.): Susanne Bier trägt die Gewalt nach Hause

ARD zeigt "In einer besseren Welt"

Zu Ehren des am 1. Oktober im Alter von 94 Jahren verstorbenen französischen Sängers Charles Aznavour strahlt Arte am Sonntagabend seinen wohl bekanntesten Film "Schießen Sie auf den Pianisten" von Francois Truffaut im Spätprogramm aus. Die ARD zeigt zum Wochenschluss im Nachtprogramm den dänischen Oscar-Sieger "In einer besseren Welt" von Susanne Bier.

"Schießen Sie auf den Pianisten", Arte, 22:45 Uhr
Ein scheuer Kneipenpianist (Charles Aznavour) wird durch seine verkommenen Brüder (Albert Rémy und Jean-Jacques Aslanian) in eine Gangster-Auseinandersetzung verwickelt.

Nach seinem Sensationserfolg "Les quatre cents coups" ("Sie küssten und sie schlugen ihn") im Jahr 1959 entschied sich der französische Regisseur und Drehbuchautor Francois Truffaut, seinen zweiten Film so weit wie möglich von der tragischen Jugendgeschichte seines Debuts entfernt anzulegen. Für "Tirez sur le pianiste" - so der Originaltitel - sicherte er sich die Verfilmungsrechte an dem US-Roman "Down There" von David Goodis aus dem Jahr 1956 und legte seinen Streifen als eine Hommage an die US-Kriminalfilme und den Film Noir der Vierziger an.


Vor allem aber wollte Truffaut nach den anstrengenden Produktion von "Les quatre cents coups" Spaß haben und nur das und so drehen, wie ihm der Sinn stand. "Ich wollte einen Film ohne ein Thema drehen, sondern all das, was ich über Ruhm, Erfolg, Absturz, Versagen, Frauen und Liebe zu sagen habe, in eine Detektivgeschichte packen. Mein Film ist wie eine Wundertüte."


Mit den Kommentaren aus dem Off, den Sequenzen in falscher inhaltlicher Reihenfolge und den plötzlichen Schnittwechseln ist der französische Kriminalfilm dabei auch als eines der prägnantesten Beispiele der französischen Novelle Vague, der Neuen Welle, in die Filmgeschichte eingegangen, die von Truffaut, dem ehemaligen Filmkritiker und Kinoenthusiasten, Anfang der Sechziger entscheidend mitgeprägt wurde.
Das lose und abstrakt gehaltene Werk, das vor Ort in Paris gefilmt wurde, überzeugt durch seine raffinierten Inszenierungsstilmittel und die exzellente Darstellungskunst von Charles Aznavour, der dem schwarzhumorigen und tragikomischen Film viel Menschlichkeit verleiht.

Ein Film von einem Kinofans für Kinofans - das funktionierte nur bedingt. Den Erfolg seines Debuts konnte der damals 27-Jährige so nicht wiederholen, aber Cinephiles schlossen 1960 das Werk schnell in ihr Herz. Für Aznavour wurde "Tirez sur le pianiste" der bekannteste Film seiner Karriere.

Ein Zuschauer schwärmt: "Der Ausdruck 'seiner Zeit voraus' befindet sich in der ständigen Gefahr, inflationär gebraucht zu werden, aber hier trifft er voll zu. Bei seiner Premiere als selbstgefälliger und verwirrender Fehlschlag abgetan, sind die hier von Francois Truffaut eingesetzten Erzähltechniken heute der Standard von Regisseuren wie Quentin Tarantino und Guy Ritchie. Von seiner Eröffnung an setzt der fesselnde, faszinierende und entscheidend anders geratene Film keinen falschen Schritt. Inmitten all der cineastischen Anspielungen und Parodien entpuppt sich der Streifen dabei als eine schmerzhaft tiefempfundene Geschichte über einen Mann, der von seinem Selbstempfinden, seinem künstlerischen Potential und seiner Familie verfolgt und verzehrt wird. Dass eine scheinbar so verdrießliche Handlung so unglaublich witzig, leichtgewichtig und charmant daher kommt, spricht für diesen bemerkenswerten Cocktail cineastischer Experimente. Das Tragische ist um so ergreifender, wenn es mit der trockenen Satire und unsinnigen Fröhlichkeit kontrastiert wird."



"In einer besseren Welt", ARD, 00:05 Uhr
Anton (Mikael Persbrandt) ist ein Arzt, der zwischen seiner idyllischen dänischen Heimat und seiner Arbeit in einem afrikanischen Flüchtlingslager hin- und herpendelt. In diesen zwei sehr verschiedenen Welten werden er und seine Familie mit Konflikten konfrontiert, die zu schwierigen Entscheidungen zwischen Rache und Vergebung führen.

"Haevnen" ("Rache") heißt dieses dänische Drama von 2010 im Original. Das Werk gewann den Oscar und den Golden Globe als "Bester fremdsprachiger Film", Regisseurin Susanne Bier ("Serena") erhielt den Europäischen Filmpreis und Hauptdarstellerin Trine Dyrholm den Dänischen Filmpreis.

Die Filmemacherin erklärte über ihre Produktion: "Das Experiment in diesem Film besteht darin, zu schauen, wie wenig es wirklich braucht, bevor ein Kind oder ein Erwachsener denken, dass etwas zutiefst ungerecht ist. Es braucht da nicht wirklich viel, und ich finde das hochgradig interessant. Und unheimlich."

Gedreht wurde auf der dänischen Insel Funen und in Kenia. Bier gelang ein prächtiges Drama, das einige schwierige existenzielle Themen angeht. Der umgerechnet 5,5 Millionen Dollar teure Film lief bereits in Dänemark so gut, dass er dort profitabel war – kam aber auch im Rest der Welt an und spielte umgerechnet insgesamt 10 Millionen Dollar ein. Die Kritiker waren einhellig begeistert.

"Es stimmt, die Lösungen, die der Film anbietet, scheinen herkömmlich und oberflächlich, aber die harten Fragen bleiben im Gedächtnis haften dank eines fesselnden Dramas, dass die Knöpfe beim Zuschauer mit wirkungsvoller Klugheit drückt", schrieb Trevor Johnston für "Time Out".



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