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Der Mann, der zweimal lebte - Rock Hudson
Der Mann, der zweimal lebte - Rock Hudson

TV-Tipp für Montag (22.10.): Rock Hudson ist nicht er selbst

Arte zeigt FreeTV-Premiere "Der Mann, der zweimal lebte"

"Der Mann, der zweimal lebte", Arte, 22:05 Uhr
Ein mit seinem Leben unzufriedener Bänker (John Randolph) lässt sich mit einer Firma ein, die seinen Tod vortäuscht und ihm ein völlig neues Aussehen und eine neue Identität (Rock Hudson) verschafft - doch das hat seinen ganz eigenen Preis.

Arte zeigt diesen US-Science Fiction-Film in der FreeTV-Premiere - und einige Zuschauer werden sich fragen, warum ihnen die Geschichte dennoch so bekannt vorkommt. Jene haben vermutlich die Neuverfilmung "Self/Less" gesehen, in der sich Ben Kingsley vor drei Jahren in Ryan Reynolds verwandelte. Oder auch nicht, denn der Film floppte - ebenso wie das Original 49 Jahre zuvor.

Die Gründe für die mangelnde Resonanz mögen unterschiedlich sein. Zweifelsohne ist "Self/less" der schwächere Streifen, der seine Ausgangslage unter austauschbarer Action begräbt. Bei "Seconds" - so der Originaltitel der Verfilmung von 1966 - ist es wohl eher der Aspekt, dass Regisseur John Frankenheimer ("Ronin") und sein Team den Zuschauern gegenüber keinerlei Kompromisse machten, so dass ihr Werk als "harte Kost" bezeichnet werden kann, mit der selbst die Kritiker Probleme hatten, welche die formalen Stärken der Paramount Pictures-Produktion stets lobten. Beim "Evangelischen Film Beobachter" las sich das dann beispielsweise so: "Ein gedanklich bestechender Ansatz wird hier – leider formal perfekt! – zu einer abstrusen Perversität von schauerlicher Suggestivkraft. Wir müssen ablehnen!"

Der Film basiert auf dem Roman "Seconds" von David Ely aus dem Jahr 1963, und Frankenheimer machte ihn auf seine Art - mit scharfer, teilweise verzerrter Schwarzweiß-Photographie durch seinen genialen Kameramann James Wong Howe, der dafür für den Oscar nominiert wurde, und der teils dissonanten Musik von Jerry Goldsmith - zu einem dritten Teil seiner so genannten Paranoia-Trilogie. Deren erste Teile "The Manchurian Candidate" von 1962 und "Seven Days in May" aus dem Jahr 1964 zeigten eine Unterwanderung der USA indes mehr von oben durch Establishment und Militär, während hier eine quasi-faschistische Unterwanderung durch ein Wirtschaftsunternehmen in den Mittelpunkt rückt.

Die umwerfende und desorientierende Photographie ist eines der Pfunde, mit dem diese packend paranoide "Faust"-Variante wuchern kann. Das andere ist die starke Leistung von Rock Hudson in der Hauptrolle. Der damals 40-Jährige war in den Sechzigern mehr für seine Arbeit in Komödien bekannt, bewies hier aber, dass er auch ein anderes Genre beherrscht. Erst in der Retrospektive, nachdem in den Achtzigern das bis dahin nur in Hollywood bekannte Geheimnis, dass Hudson homosexuell war, gelüftet wurde, kann man die Ironie in der Rollenwahl sehen. Der Akteur spielt einen Mann mit einer doppelten Identität, die er nicht preisgeben kann, was ihn unglücklich macht und wogegen er fast unwillentlich rebelliert.

"Seconds" floppte 1966 schwer; seine Qualitäten blieben indes unbestritten, so dass der Film sich zu dem entwickelt, was man entweder als "Kultfilm", eher noch als "Geheimtipp" bezeichnen kann. 2013 erschien endlich eine Blu-ray-Disc, die dem Streifen gerecht wird und in die auch eine Szene wiederaufgenommen wurde, die zuvor geschnitten worden war, weil sie wegen nackter Darstellerinnen und Darsteller Anstoß erregt hatte.

2015 nahm die US-Library of Congress das Werk als "kulturell, historisch oder ästhetisch bedeutsam" in das National Film Registry auf, um es der Nachwelt zu erhalten.

Eine Zuschauerin schwärmt: "Eine faszinierende und fesselnde realistische Science Fiction-Geschichte über die Frage von Identiät und die Suche nach materiellem Glück und ewiger Jugend, die zu einem klaustrophobischen Schicksal führt. 'Sei du selbst!' ist in diesem Film eher eine Warnung. Die einfallsreiche und post-expressionistische Kameraführung von James Wong Howe mit dem Gebrauch von 9,7 mm-Fischaugen-Linsen, extremen Schwarzweiß-Kontrastierungen, schrägen Froschperspektiven und dem Einsatz der Handkamera, kombiniert mit der stilsicheren Arbeit von Meistergraphiker Saul Bass im Vorspann und einer kalten, angespannten und rauen Musik von Jerry Goldsmith vereinen sich zu einer Faustschen Tragödie im Kafkaesken Stil."



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