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Die üblichen Verdächtigen - Kevin Spacey und Chazz...interi
Die üblichen Verdächtigen - Kevin Spacey und Chazz Palminteri

TV-Tipp für Sonntag (15.11.): Fürchtet Kevin Spacey Keyser Söze?

Arte zeigt Meisterwerk "Die üblichen Verdächtigen"

Am Sonntagabend sehen sich Spielfilm-Fans wieder vor ein "entweder oder" gestellt. Entweder schalten sie im Hauptprogramm RTL2 ein, wo Jürgen Vogel "Die Welle" lostritt, oder sie sehen sich parallel auf Arte das Meisterwerk "Die üblichen Verdächtigen" mit Kevin Spacey an.

"Die Welle", RTL2, 20:15 Uhr
Ein Lehrer (Jürgen Vogel) versucht seinen Schülern mit Hilfe eines Sozialexperiments zu demonstrieren, wie die Anziehungskraft totalitärer Systeme funktioniert. Doch das Ganze gerät außer Kontrolle, als die neu gegründete und gefundene Gemeinschaft ein Eigenleben entwickelt.

Nachdem die Bundesrepublik gut zwei Jahrzehnte die eigene Vergangenheit mit dem Drittem Reich tot geschwiegen hatte, sorgte der 68er-Generationenwechsel dafür, dass das Thema Nationalsozialismus Eingang in die Lehrpläne fand. Während die deutsche Gesellschaft erst durch die US-Fernsehserie "Holocaust" 1979 eine Diskussion über die schuldhafte Verstrickung der Deutschen in Ausgrenzung, Deportationen und Ermordung ganzer Bevölkerungsgruppen begann, war es in den Schulen der US-Roman "The Wave" von Todd Strasser aus dem Jahr 1981, der einen populären Zugang zu dem Thema Totalitarismus schuf. Unter dem deutschen Titel "Die Welle" gehört das Buch seitdem zum Repertoire auch der deutschen Schulbuchlektüre.

Der Roman nutzte wahre Begebenheiten, die sich 1967 an einer High School im kalifornischen Palo Alto zugetragen hatten. Weil die Schüler seines Geschichtsunterrichts Unverständnis darüber gezeigt hatten, wie überhaupt eine Bewegung wie der Nationalsozialismus entstehen und dann auch noch eine Mittäterschaft beim Massenmord an Menschen jüdischen Glaubens initiieren konnte, konzipierte Geschichtslehrer Ron Jones ein auf fünf Tage angelegtes Sozialexperiment. Er gründete die Bewegung The Third Wave, deren Gemeinschaftserleben viele Schüler anzog und begeisterte. Die Dynamik des Geschehens nutzte der Lehrer, um den Jugendlichen einen Spiegel vorzuhalten, wie sie sich wohl in einer Gesellschaft wie der des Dritten Reichs verhalten hätten.

Bis auf einen US-Fernsehfilm, der 1981 zusammen mit dem Roman erschien, hatten sich die visuellen Medien des Stoffs noch nicht angenommen. In diese Lücke stieß der deutsche Regisseur und Drehbuchautor Dennis Gansel ("Mechanic: Resurrection"), der das Phänomen der Übersättigung von Schülern mit der Behandlung der deutschen Geschichte im Schulunterricht - der Satz "Och, bitte nicht wieder KZ!" aus "Fack ju Göhte" ist eine Anspielung darauf - aus eigener Erfahrung kannte. Da er die Totalitarismusverführung zu wichtig fand, um sie dem Schulunterricht zu überlassen, nahm sich Gansel der Geschichte an und adaptierte sie für deutsche Zuschauer. Die Handlung spielt nun in einer ungenannten deutschen Stadt, und der Filmemacher orientierte sich mehr an dem tatsächlichen Experiment als an der Romanvorlage.

Mit einem Budget von 5 Millionen Euro entstand die Constantin-Produktion im Neubau des Marie Curie-Gymnasiums im brandenburgischen Dallgow-Döberitz und in Potsdam. Die Wasserballszenen wurden im Paracelsus-Bad in Berlin-Reinickendorf gefilmt.

"Die Welle" erhielt gemischte Kritiken, wurde vom Publikum aber positiv aufgenommen und war 2008 mit 2,7 Millionen verkauften Karten ein großer Erfolg an den Kinokassen. Weltweit spielte das Werk umgerechnet 32 Millionen Dollar ein.

Das interessante und spannende deutsche Drama diskutiert das Für und Wider der Geisteshaltung der Unterordnung unter Autoritäten anschaulich, liefert keine Antworten, sondern fordert die Zuschauer auf, sich ihr eigenes Urteil zu bilden. Die Handlung ist dabei indes nicht immer glaubwürdig entwickelt.

Bei den Europäischen Filmpreisen war Jürgen Vogel als "Bester Hauptdarsteller" nominiert. Bei den Deutschen Filmpreisen erhielt "Die Welle" das Filmband in Bronze als als drittbester Film des Jahres hinter "Auf der anderen Seite" und "Kirschblüten - Hanami". Frederick Lau gewann den Preis als "Bester Nebendarsteller", während Cutter Ueli Christen nominiert war.

Kritiker Trevor Johnston schrieb in "Time Out": "Der Film ist mit seinem wieselflinken Schnitt und der wummernden Musik flott in Szene gesetzt, und die unleugbare Absicht, ein jugendliches Publikum für sich zu gewinnen, ist bewundernswert inklusiv."



"Die üblichen Verdächtigen", Arte, 20:15 Uhr
Einer (Kevin Spacey) von zwei Überlebenden einer Schießerei auf einem Boot berichtet dem Polizisten (Chazz Palminteri) über die Ereignisse, die dazu führten und bei einer Polizeigegenüberstellung von fünf Kriminellen (Gabriel Byrne, Kevin Pollack, Benicio Del Toro und Stephen Baldwin) begannen.

"Who is Keyser Söze?", fragten 1995 Plakate, Werbung auf Bussen und TV-Spots die potentiellen Zuschauer dieses US-Kriminalfilms. Und in der Tat: Wer ist Keyser Söze? Regisseur Bryan Singer ("Bohemian Rhapsody") beschrieb seinen zweiten Spielfilm so: "Man kann ihn sich ein zweites Mal ansehen und Dinge entdecken, die man beim ersten Mal nicht gemerkt hat. Beim zweiten Mal sieht man den Film so, wie man ihn beim ersten Mal nie hätte sehen können."

Die Vielschichtigkeit beruht neben der hervorragenden Inszenierung durch Singer und dem phantastischen Schnitt durch John Ottman, der auch die Musik schrieb, hauptsächlich auf dem großartigen Drehbuch von Christopher McQuarrie ("The Mummy"), der eine scheinbar einfache Geschichte mit einer Täuschung und einer Wendung nach der anderen überlagert, um dem Publikum am Ende den Boden unter den Füßen zu entziehen.

Die Qualität des Skripts sah das namhafte Ensemble sehr wohl und war bereit, bei dieser mit 6 Millionen Dollar schmal budgetierten Independent-Produktion auf einen Teil seiner üblichen Gage zu verzichten, um dabei sein zu können. Nur die Filmstudios waren schwerer zu überzeugen, das Budget zur Verfügung zu stellen. Ihnen war das dialogreiche und komplexe Drehbuch mit dem unausprechbaren Oberbösewicht zu dubios hinsichtlich der Erfolgsaussichten an der Kinokasse. Es brauchte lange, bis Singer und sein Team in Los Angeles und New York City drehen konnten.

Sein aufwendig in Rückblenden strukturiertes Meisterwerk kam bei den Kritikern sehr gut an, fand als Quasi-Programmkinofilm allerdings in nur wenige US-Kinos. Immerhin wurde er mit weltweit 34 Millionen Dollar Umsatz ein Achtungserfolg und ist seitdem im kollektiven Kinogedächtnis weiter präsent; 2013 wählte die Writers Guild of America, die Gewerkschaft der Drehbuchautoren, das Skript zu einem der besten aller Zeiten, und Keyser Söze ist als Anspielung in die Unterhaltungsfolklore eingangen.

Christopher McQuarrie gewann für sein Drehbuch den Oscar und den Britischen Filmpreis. Kevin Spacey erhielt den Oscar als "Bester Nebendarsteller" und war für den Golden Globe nominiert. Bei den Britischen Filmpreisen gewann Cutter John Ottman, während der Film selbst nominiert war.

Ein Zuschauer schwärmt: "Ein großartiges Drehbuch, wunderbar gespielte Charaktere und vielleicht eines der besten Finale aller Zeiten machen diesen Film lohnenswert. Das Genius dieses Streifens liegt in seinen Details. Hat man ihn gesehen, will man ihn sofort nochmal sehen - und beim zweiten Mal fallen einem dann die ganzen Feinheiten auf, die man beim ersten Mal verpasst hat. Es ist sogar möglich, dieses Werk mehrmals anzuschauen und jedes Mal etwas Neues zu entdecken."



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