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Der fremde Sohn - Anglina Jolie
Der fremde Sohn - Anglina Jolie
© United International Pictures

TV-Tipps für Sonntag (22.11.): Angelina Jolie erkennt ihren Sohn nicht wieder

Arte zeigt "Der fremde Sohn"

Öffentlich-rechtlich geht die Spielfilmwoche zu Ende: Arte strahlt im Hauptprogramm den US-Kriminalfilm "Der fremde Sohn" mit Angelina Jolie aus, und die ARD präsentiert Judi Dench als "Philomena" im Nachtprogramm.

"Der fremde Sohn", Arte, 20:15 Uhr
Eine Mutter (Angelina Jolie) legt sich mit dem Los Angeles Police Department an, nachdem diese ihr einen offensichtlich fremden Jungen als den ihren unterschieben wollen.

Es sind harte Themen - Kindswohlgefährdung, politische Korruption, Misshandlung von Psychiatriepatienten und die Auswirkungen von Gewalt -, die Regisseur Clint Eastwood ("American Sniper") und Drehbuchautor J. Michael Straczynski ("World War Z") in diesem Kriminalfilm abhandeln. Und es waren unterschiedliche Aspekte, die Eastwood, Straczynski und Hauptdarstellerin Angelina Jolie an "Changeling" - "Kuckuckskind", so der Originaltitel - interessierten.

Straczynski war als ehemaliger Journalist von einem Mitarbeiter des Rathaus in Los Angeles kontaktiert worden. Er solle sich Dokumente ansehen, die demnächst vernichtet werden würden. Es handelte sich um eine Mitschrift der Anhörungen einer Frau namens Christine Collins, deren neunjähriger Sohn Walter 1928 verschwand. Das wegen vielen Korruptionsfällen in der öffentlichen Kritik und unter Druck stehende Los Angeles Police Department konnte das Kind nicht ausfindig machen. Nach fünf Monaten behauptete die Polizei, Walter im US-Bundesstaat Illinois gefunden zu haben, und überbrachten den Jungen, der von sich selbst behauptete, Walter zu sein, der Mutter, die sofort erkannte, dass es sich nicht um ihren Sohn handelte. Die Polizei übte Druck auf sie aus, den Sohn anzuerkennen, und - als sie weiterhin darauf bestand, dass dies eben nicht ihr Kind war - sperrte sie in eine psychiatrische Anstalt ein.

Der Autor war fasziniert von der Geschichte, recherchierte, so viel er konnte, über den Fall und las 6000 Seiten Dokumente. Er bemühte sich, sämtliche Begegebenheiten wahrheitsgetreu wiederzugeben und nur da zu spekulieren, wo es keine schriftlichen Aufzeichnungen gab. Sein Drehbuch, mit dem er den Sprung vom Fernsehen ins Kino schaffen wollte, bot er den Filmstudios an. Produzent und Regisseur Ron Howard ("Rush") griff zu und wollte den Stoff in Szene setzen, entschied sich dann aber statt dessen für "Frost / Nixon".

An seiner Stelle kam Clint Eastwood zum Zug, der erklärte, sobald eine Geschichte in der Ära der Großen Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre spiele, in welcher er in Kalifornien selbst aufwuchs, sei er "doppelt interessiert". Angelina Jolie wiederum nahm die Hauptrolle an, die unter anderem auch Reese Witherspoon und Hilary Swank gerne gespielt hätten, weil ihr die Perspektive der starken Frau, zu der sich Christine Collins während der Handlung entwickelt, imponiert habe.

Eastwood drehte die Universal Pictures-Produktion für 55 Millionen Dollar vor Ort in Los Angeles und im südlichen Kalifornien. Teilweise wurden die Zwanziger und Dreißiger mit Kulissen und Requisiten zum Leben erweckt, teilweise durch Computerbilder ergänzt. Clint gelang ein wunderschön photographiertes, packendes und gut gespieltes Werk, das allerdings in der zweiten Hälfte an einigen Klischees krankt.

Die Kritiken für "Changeling" waren 2008 nur gemischt und mit weltweit 113 Millionen Dollar wurde der Streifen ein lediglich mäßiger Erfolg. Aber für Angelina Jolie wurde ihre Beteiligung zu einem Beinahe-Triumph: Die damals 33-Jährige war für den Schauspieler-"Grand Slam" nominiert: Für den Academy Award, den Golden Globe, den Britischen Filmpreis und den Screen Actors Guild Award. Aber es ging der Mimin wie dem Film insgesamt - keine seiner zahlreichen Nominierungen konnte er in einen Sieg ummünzen. Kameramann Tom Stern und die Ausstatter waren Oscar-nominiert; die Musik von Clint Eastwood war für den Golden Globe genannt. Bei den Britischen Filmpreisen lagen Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt, Ausstattung, Kostüme und Ton im Rennen.

Kritikerin Stella Papamichael schrieb in "Digital Spy": "Eine schnörkellose Geschichte, eine eindringliche, nüchterne Darstellung grausamer Ungerechtigkeit, die in vielerlei Hinsicht einen Nerv treffen dürfte."



"Philomena", ARD, 00:50 Uhr

Ein Journalist (Steve Coogan) wird auf die Geschichte einer Frau (Judi Dench) aufmerksam, die ihren Sohn sucht, der ihr vor Jahrzehnten weggenommen wurde, als sie gezwungen war, in einem Kloster zu leben.

Ende 2003 machte die damals 70-jährige Engländerin Philomena Lee ihrer Familie ein erstaunliches Geständnis: Dass sie neben ihren beiden Kindern Jane und Kevin noch ein drittes Kind hatte, das sie mit 19 Jahren gebar und das ihr in dem Kloster, in das sie als unverheiratete Mutter geschickt worden war, weggenommen und zur Adoption an ein amerikanisches Ehepaar verkauft worden war, als sie 22 Jahre alt war. Rund 50 Jahre habe sie heimlich und vergeblich nach ihrem Sohn gesucht.

Ihre Tochter Jane ließen diese Enthüllung und die Seelenpein ihrer Mutter nicht ruhen; sie kontaktierte den BBC-Journalisten Martin Sixsmith, der sich tatsächlich für die Geschichte interessierte und zusammen mit Philomena Lee jahrelange Recherchen begann, die schließlich 2009 in das Sachbuch "The Lost Child of Philomena Lee" mündeten.

BBC Films, der englische Regisseur Stephen Frears ("Florence Foster Jenkins") und Steve Coogan, der zusammen mit Jeff Pope die eindringliche wahre Geschichte für die Leinwand adaptieren - und dabei zugleich die Rolle desjenigen, dessen Buch er in Skriptform überführte, übernehmen sollte -, befanden die Geschehnisse als aufregend genug für die Leinwand. Und hatten recht damit: Das britische Darama ist ein zutiefst bewegendes Werk mit perfekten Darstellungen von Judi Dench und Coogan. Es wurde von der Kritik gefeiert, und auch von den Zuschauern geliebt. Die umgerechnet 12 Millionen Dollar teure Produktion wurde 2013 mit einem weltweiten Umsatz von 100 Millionen Dollar ein Erfolg.

Auch die Filmindustrie ließ "Philomena" zu Ehren kommen: Auf dem Filmfestival von Venedig gewannen Steve und Jeff den Preis für das "Beste Drehbuch". Sie hatten die Geschichte bis auf wenige Szenen wahrheitsgetreu erzählt. Es gab vier Oscar-Nominierungen für den Film, das Drehbuch, Hauptdarstellerin Judi Dench und Komponist Alexandre Desplat. Dazu kamen drei Golden Globes-Nominierungen für den Film, das Drehbuch und Hauptdarstellerin Judi Dench sowie der Gewinn des Britischen Filmpreises für das Drehbuch und zwei BAFTA-Nominierungen für den Film und Hauptdarstellerin Judi Dench.

Kritikerin Monica Castello schrieb in "Bitch Media": "Das Drehbuch packt große Fragen von Religion, Klasse und Gerechtigkeit in einer Weise auf, die weit über eine gewöhnliche tränenreiche Geschichte, die das Leben schrieb, hinausragt."



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