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Michael Apted ist tot

Englischer Regisseur hinterlässt vielseitiges Werk

Im Alter von 79 Jahren ist der englische Regisseur Michael Apted am 7. Januar in Los Angeles gestorben, wie am Wochenende bekannt geworden ist. Auch wenn der Name vielen Kinogängern weniger geläufig ist, sind die Chancen doch hoch, dass sie eines der Werke aus der rund ein halbes Jahrhundert umspannenden Karriere des Filmemachers gesehen haben: "The World Is Not Enough", "The Chronicles of Narnia: The Voyage of the Dawn Treader" und "Nell" gehören zu seinen bekanntesten Filmen. Und zeigen zugleich sofort auf, dass Apted keinem spezifischen Genre zuzuordnen gewesen ist.

Ebenso wenig wie auf das Kino selbst, denn der Regisseur arbeitete auch immer sehr erfolgreich für das Fernsehen und drehte viele hoch gelobte Dokumentarfilme sowohl für das Kino als auch für TV. Dort hinterließ er seinen nachhaltigsten Eindruck mit der Reihe "Up", einer Reihe von Dokumentationen über das Leben von 14 Briten ab deren siebten Lebensjahr 1964. Alle sieben Jahre folgte eine weitere Episode, so dass sich bis zur vorläufig letzten Folge "63 Up" im Jahr 2019 TV-Biographien über eine Spanne von 56 Jahren ergaben. Die Ausgabe "49 Up" von 2005 war für den Britischen Filmpreis nominiert.

Michael Apted wurde am 10. Februar 1941 in Aylesbury in der Grafschaft Buckinghamshire als Sohn eines Versicherungsvertreters geboren und wuchs in Ilford in der Grafschaft Essex auf. Er besuchte die City of London School und studierte Geschichte und Recht in Cambridge. 1963 nahm er eine sechsmonatige Ausbildung bei Granada Television auf, wo er für den Rest der Sechziger blieb und unter anderem 1966 und 1967 Folgen der langlebigen Soap Opera-Serie "Coronation Street" inszenierte. Später folgten unter anderem die Sitcom "The Lovers" im Jahr 1970 und populäre Fernsehfilme wie "Another Sunday and Sweet FA" von 1972 und "P'Tang Yang Kipperbang" von 1982.

Sein Kinodebut gab Michael 1972 mit dem Drama "The Triple Echo" mit Glenda Jackson. Es folgten 1974 das David Essex-Drama "Stardust", 1977 der Stacy Keach-Kriminalfilm "The Squeeze" ("Der aus der Hölle kam") und 1979 das Vanessa Redgrave-Drama "Agatha". Seinen Durchbruch auf der großen Leinwand feierte Apted 1980 mit seinem US-Debut "Coal Miner's Daughter" ("Nashville Lady"), für das Hauptdarstellerin Sissy Spacek den Oscar gewann.

Es folgten 1982 die John Belushi-Komödie "Continental Divide" ("Zwei wie Katz und Maus"), 1983 der William Hurt-Kriminalfilm "Gorky Park" und 1984 der Teri Garr-Thriller "Firstborn" ("Moving In - Eine fast intakte Familie"). Nach der missglückten Richard Pryor-Komödie "Critical Condition" von 1987, die in Deutschland nicht mal in die Kinos kam, gelang Michael mit dem für fünf Academy Awards nominierten Sigourney Weaver-Drama "Gorillas in the Mist" 1988 ein Qualitäts-Comeback.

In den Neunzigern ging das Genre-Hopping weiter: Auf das Drama "Class Action" ("Das Gesetz der Macht") mit Mary Elizabeth Mastrantonio im Jahr 1991 folgte ein Jahr darauf der Val Kilmer-Kriminalfilm "Thunderheart", 1993 der Madeleine Stowe-Kriminalfilm "Blink", 1994 das Jodie Foster-Drama "Nell", 1996 der Hugh Grant-Thriller "Extreme Measures" und schließlich 1999 der James Bond-Thriller "The World Is Not Enough" mit Pierce Brosnan als 007.

Im neuen Jahrtausend blieb sich Michael treu und mischte TV-Arbeit, Dokumentarfilme und den ein oder anderen Kinofilm. 2001 feierte das Kate Winslet-Drama "Enigma" Premiere, 2002 kam der Jennifer Lopez-Thriller "Enough" in die Lichtspielhäuser, gefolgt von einem seiner besten Filme "Amazing Graze" ("Der Mann, der die Welt veränderte"), einem historischen Drama mit Ioan Gruffudd. Mit dem Fantasy-Film "The Chronicles of Narnia: The Voyage of the Dawn Treader" realisierte der Regisseur die mit 155 Millionen Dollar teuerste und mit weltweit 415 Millionen Dollar Einspiel im Jahr 2010 auch erfolgreichste Produktion seiner Karriere. 2012 kam Apted der Produktion des Gerard Butler-Dramas "Chasing Mavericks" zu Hilfe, nachdem Regisseur Curtis Hanson wegen einer Herzoperation die Dreharbeiten nicht beenden konnte. 2017 feierte mit dem Noomi Rapace-Thriller "Unlocked" Michael's letzter Kinofilm Premiere. Von 2003 bis 2009 war der Engländer Vorsitzender der amerikanischen Regisseursgewerkschaft Directors Guild of America.

Michael Apted hinterlässt seine dritte Ehefrau Paige Simpson, mit der er seit 2014 verheiratet war, und drei Kinder: Seinen Sohn James aus erster Ehe mit Jo Proctor; seinen Sohn John aus seiner zweiten Ehe mit Dana Stevens und seine Tochter Lily aus einer Beziehung mit Tania Mellis. Sein ältester Sohn Paul starb bereits 2014 an einer Krebserkrankung.


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