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Boyz n the Hood - Jungs im Viertel
Boyz n the Hood - Jungs im Viertel
© Columbia TriStar

TV-Tipps für Sonntag (19.9.): Cuba Gooding Jr. wächst in einem Problemviertel auf

3sat zeigt "Boyz n the Hood"

Auch am Sonntagabend regieren die Öffentlich-Rechtlichen in Sachen Spielfilm. Arte strahlt im Hauptprogramm den David Fincher-Krimi "Zodiac" aus, während im 3sat-Spätprogramm John Singleton's Regiedebut "Boyz n the Hood" läuft.

"Zodiac", Arte, 21:55 Uhr

Ende der Sechziger wird ein Karikaturist (Jake Gyllenhaal) aus San Francisco zu einem besessenen Amateurdetektiv, der den Zodiac Killer zu enttarnen versucht, welcher Nordkalifornien mit einer Mordserie überzieht.

"Beruhend auf wahren Begebenheiten." Dieser Kriminalfilm kann für sich in Anspruch nehmen, dass die Filmemacher sich bemüht haben, dieser Aussage gerecht zu werden. Die Zodiac-Morde, die sich 1968 und 1969 zutrugen, gehören bis heute zu den berühmten ungelösten Fällen der amerikanischen Kriminalgeschichte. Obwohl es der Täter fast darauf anlegte, gefasst zu werden, weil der offensichtlich geltungsbedürftige Mann immer wieder bis ins Jahr 1974 Lokalzeitungen und TV-Sendern bizarre Briefe und teilweise unentschlüsselbare Codes zusandte und Details über die Morde verriet.

Eine der Zeitungen, welche die Botschaften erhielt, war der "San Francisco Chronicle", bei dem es dem Karikaturisten Robert Graysmith gelang, die verschlüsselten Texte zu entziffern. Für den damals 26-Jährigen der Beginn einer lebenslangen Beschäftigung mit dem Zodiac-Killer. 1986 veröffentlichte Graysmith, der im Film von Jake Gyllenhaal gespielt wird, das Sachbuch "Zodiac", dem er 2002 "Zodiac Unmasked: The Identity of America's Most Elusive Serial Killer" folgen ließ.

James Vanderbilt ("Independence Day: Resurgence") hatte das erste Buch bereits bei seiner Veröffentlichung gelesen, als er noch zur High School ging. Diese Geschichte ließ Vanderbilt ebenfalls nicht los und als er als Drehbuchautor arbeitete, wollte er sie zu einem Skript umarbeiten. Es gelang ihm 2002, Regisseur David Fincher ("Fight Club") für den Stoff zu interessieren, der sich aus seiner Kindheit in San Anselmo im kalifornischen Marin County sogar noch selbst an die Jagd der Polizei nach dem Serienmörder vor seiner Haustür erinnern konnte.

Fincher und Vanderbilt bereiteten ihr Werk so akribisch vor, wie der Filmemacher seine Streifen dreht: Sie sprachen mit allen verfügbaren Zeugen, den Ermittlern, den zwei überlebenden Opfern und engagierten sogar einen Sprachexperten von der California State University Fresno, um diesen Zodiac's Briefe analysieren zu lassen. David wollte seinen Film auf der Faktenbasis so authentisch wie möglich präperieren.

Doch ob "Zodiac" das Licht der Leinwand erreichen würde, war trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Akribie keineswegs gesichert: Die Studiomanager sahen das dialoglastige Drehbuch mit seinem offenen Ende - der Täter wurde ja wie gesagt nie gefasst - und ohne Action-Szenen mit Sorge. Fincher erhielt sein Budget von 65 Millionen Dollar nur, weil sich mit Paramount Pictures und Warner Brothers Pictures zwei Filmstudios zusammen taten, um die Summe zu finanzieren und die Risiken zu minimieren.

Gedreht wurde vor Ort in Kalifornien; die Schauplätze, die sich in den rund 30 Jahren zu sehr verändert hatte, wurden per Computereffekte in den Zustand Anfang der Siebziger "zurückversetzt".

Fincher gelang es, einen stillen, auf Dialoge aufbauenden Film zu inszenieren, der dennoch Szene für Szene ein Gefühl der starken Beklommenheit steigert. Der mit zweieinhalb Stunden lange - und der Regisseur musste den sorgenvollen Studio-Managern bereits rund eine halbe Stunde auf dem Schneidetisch opfern - Streifen nimmt sich die Zeit, seine Charaktere nuanciert darzustellen und die Atmosphäre der Zeit genau wiederzugeben. Wie fast alle seiner Werke zeichnet "Zodiac" eine kühle Mechanik aus, die dem angestrebten quasi-dokumentarischen Stil bestens zugute kommt.

"Zodiac" erhielt sehr gute Kritiken, wurde von der Industrie und der Presse in der Preisverleihungssaison indes weitgehend ignoriert und floppte 2007 mit weltweit lediglich 85 Millionen Dollar beim Publikum.

Kritiker Christopher Orr schrieb in "The New Republic": "Wo David Fincher mit 'Seven' und dessen düsterem Schwermut und theatralischen Hinrichtungen den Serienmörderfilm in Gothic-Proportionen aufblies, lässt er nun mit diesem Werk die Luft wieder raus. Der Film ist eher methodisch als makaber und eher klinisch als grausam."



"Boyz n the Hood", 3sat, 23:10 Uhr
Ein Teenager (Cuba Gooding Jr.) im schwarzen Ghetto des südlichen Zentrums von Los Angeles wächst zwischen täglicher Gewalt, Rauschgift und Polizeiaktivität auf.

Schon elf Jahre nach seiner Premiere nahm die US-Library of Congress dieses US-Drama in das National Film Registry als "kulturell, historisch oder ästhetisches Werk" auf, um es der Nachwelt zu erhalten. Neben der Qualität dieses Streifens spricht besonders sein kultureller Status für "Boyz n the Hood". Kaum ein anderer Film hat sich so erfolgreich bemüht, das Aufleben von schwarzen Jugendlichen der Gegenwart so realistisch darzustellen.

Dafür bürgte vor allem der 2019 leider viel zu früh verstorbene Regiedebutant und Drebuchautor John Singleton ("2 Fast 2 Furious"), der in sein Skript eigene Erfahrungen und die von Bekannten und Freunden einfließen ließ, Gangmitglieder aus South Central Los Angeles als Berater für Kleidung, Sprache und Dialoge engagierte und vor Ort drehte. Das Drehbuch hatte seinen Anfang 1986 als Bewerbungsvoraussetzung für die Filmschule genommen; als John diese 1990 erfolgreich abschloss, verkaufte er das Skript an Columbia Pictures, die nach dem Erfolg von Spike Lee's "Do the Right Thing" für Universal Pictures im Jahr 1989 zugriffen - obwohl Singleton darauf bestand, mit seinem Stoff sein Regiedebut zu geben. "Ich würde niemanden aus Idaho diesen Film inszenieren lassen", meinte der damals erst 22 Jahre alte Filmschulabsolvent.

Sein Selbstvertrauen war keine Selbstüberschätzung: "Boyz n the Hood" schilderte das Leben von Afro-Amerikanern mit viel Tiefe und Mitgefühl, ist sehr gut gespielt und thematisch reichhaltig. Singleton hatte eine Botschaft, die er gekonnt in der Sprache derjenigen Charaktere verpackte, die auf der Leinwand auftraten, und an die sich der Film natürlich auch in erster Linie wendete. Und New Black Cinema hieß hier vor allem New Youth Black Cinema, denn vor der Kamera versammelte sich ein Ensemble von Schauspielern, die hier ihre Karriere starteten oder zumindest erste große Rollen erhielten und die heute weithin bekannt sind: Neben Cuba Gooding Jr. waren das Angela Bassett, Regina King, Nia Long, Morris Chestnut, Laurence Fishburne und nicht zuletzt Ice Cube, auf dessen Rap-Song "Boyz n the Hood" aus dem Jahr 1987 der Filmtitel anspielt.

Das 6 Millionen Dollar teure Werk wurde 1991 mit einem Umsatz von 57 Millionen Dollar in den USA ein großer Erfolg und erhielt durchweg gute Kritiken. Das größte "Hallo" folgte dann bei den Oscar-Nominierungen: Mit John Singleton wurde erstmals in der damals rund 60 Jahre währenden Historie der Academy Awards ein afro-amerikanischer Regisseur nominiert; zudem war noch kein Anwärter jünger gewesen. Auch sein Drehbuch erhielt eine Nennung.

Ein Zuschauer urteilt: "Einer der authentischsten und realistischsten Filme, die ich je gesehen haben, brillant erzählt und inszeniert. Die Kameraführung ist brillant, die Bilder unvergesslich und viele Szenen ikonisch. Der Streifen hat jedes Recht, ins National Film Registry aufgenommen worden zu sein. Eine unvergessliche Erfahrung und ein unglaubliches Werk."



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