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Deutsche Filmstarts: Goldener Palme-Gewinner "Titane" berauscht und verstört

Europäische Kinowoche

In dieser Kinowoche pausiert Hollywood. Das eröffnet die Chance, das spannende europäische Kino zu entdecken. Neben dem französischen Gewinner der Goldenen Palme "Titane" und dem erstaunlichen irischen Debut "A Dark Song" kommen neue Filme von Dominik Moll, Uberto Pasolini und Stefan Ruzowitzky auf die Leinwände. Was lohnt den Kinobesuch? Und wann lässt man die Geldbörse besser stecken?

"Titane"
Drama
Frankreich
108 Minuten
FSK 16

Unsere Empfehlung: Reingehen!

Eine junge Frau (Agathe Roussell), die als Kind (Adèle Guigue) nach einem Unfall eine Titanplatte am Schädel implantiert bekam und seitdem eine besondere Beziehung zu Autos hat, nimmt die Identität eines verschwundenen Jungen (Agathe Roussell) an und taucht bei dessen Vater (Vincent Lindon) unter.

Von der Filmemacherin, die "Raw" inszeniert hat, kommt mit diesem französischen Drama ein nicht weniger brillantes, verstörendes, originelles und provokatives Werk. Der diesjährige Gewinner der Goldenen Palme in Cannes ist ein rauschhafter, wilder Genre-Mix der Regisseurin und Drehbuchautorin Julia Ducournau. Spannendes Kino einer einzigartigen Visionärin, das sicherlich nichts für den breiten Publikumsgeschmack ist. Die Koch Films-Produktion hat gute Kritiken und Zuschauerreaktionen hervorgerufen.

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"A Dark Song"
Horror
Irland
99 Minuten
FSK 16

Unsere Empfehlung: Reingehen!

Eine entschlossene junge Frau (Catherine Walker) und ein traumatisierter Okkultist (Steve Oram) setzen ihr Leben auf's Spiel, um ein gefährliches Ritual zu begehen und damit ihre Wünsche zu erfüllen.

Ein altes Schätzchen landet hier in den Lichtspielhäusern an: Der irische Horrorfilm kam bereits 2016 in die internationalen Kinos. Dass der kleine Verleiher Kondratjuk-Wurster den Debutfilm von Liam Gavin jetzt noch zeigt, ist aber verdienstvoll, denn das Kammerspiel mit zwei starken Darstellern und seiner langsam eskalierenden bedrohlichen Atmosphäre ist sehenswert. Die Kritiken sind gut, die Zuschauerreaktionen gemischt.

Unserem Kritiker Falk Straub gefiel es: "Ein erstaunlicher Erstling. Mit geringem Budget und innerhalb von 20 Tagen gedreht, zeigt Regisseur Liam Gavin, dass es für atmosphärisch dichten Horror nicht viel bedarf. Ein gruseliges Set, zwei gute Schauspieler und ein Ritual, das der Film ernst nimmt, genügen. Der Film bietet Horror, der ganz allmählich einsickert und auf den man sich einlassen muss."

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"Hinterland"
Krimi
Österreich
98 Minuten
FSK 16

Unsere Empfehlung: Reingehen!

Im Jahr 1920 kehrt ein Ex-Polizist (Murathan Muslu) aus russischer Kriegsgefangenschaft in seine Heimatstadt Wien zurück. Dort wird der traumatisierte Veteran mit einer brutalen Mordserie konfrontiert, die er gemeinsam mit einer jungen Gerichtsmedizinerin (Liv Lisa Fries) aufklären will.

Regisseur und Drehbuchautor Stefan Ruzowitzky ("Narziss und Goldmund") zeigt den Mut zu erzählerisch und optisch gewagtem Stilwillen. Die Bilder überwältigen in seinem österreichischen Kriminalfilm aber nicht die von den überzeugenden Schauspielern getragene Geschichte. Die Square One Entertainment-Produktion hat gute Kritiken erhalten.

Unser Rezensent Björn Schneider ist begeistert - er vergibt die Höchstwertung: Fünf von fünf Sternen! Er schreibt: "Optisch eigenwilliger, von einer schauerlich-unbehaglichen Atmosphäre durchzogener Film, der von seiner dramaturgischen Originalität und den brillanten Darstellern lebt."

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"Nowhere Special"
Drama
Großbritannien
96 Minuten
FSK 6

Unsere Empfehlung: Reingehen!

Ein allein erziehender Vater (James Norton), der aufgrund eines Gehirntumors nur noch wenige Monate zu leben hat, sucht für seinen vierjährigen Sohn (Daniel Lamont) eine perfekte Adoptivfamilie.

Sieben Jahre nach seinem letzten Film "Still Life" ("Mr. May und das Flüstern der Ewigkeit") legt der italienische Regisseur und Drehbuchautor Uberto Pasolini sein nächstes britisches Drama vor und provoziert einen Taschentuchalarm höchster Güte. Was schmalzig hätte geraten können, ist hier berührend, unaufdringlich und sorgfältig in einer Mischung aus italienischem Neorealismus und poetischem Realismus geglückt. Bisher heben alle Zuschauer und Kritiker ihre Daumen für die Piffl-Medien-Produktion.

So auch unser Kollege Falk Straub: "Uberto Pasolini hat einen Film gedreht, der ganz ohne Melodramatik zu Tränen rührt. Der Italiener blickt auf eine besondere Vater-Sohn-Beziehung, die von einer hochdramatischen Ausgangslage bestimmt wird. Wo andere auf große Gesten und Großaufnahmen setzen würden, vertraut Pasolini auf einen ruhigen Ton. Ein bewegendes Drama, das durch seine stillen Momente besticht."

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"Die Verschwundene"
Krimi
Frankreich
117 Minuten
FSK 16

Unsere Empfehlung: Reingehen!

Nach einem Schneesturm wird ein Auto auf der Straße zu einem kleinen abgelegenen Dorf entdeckt; die Fahrerin (Valeria Bruni Tedeschi) ist verschwunden. Die Polizei weiß nicht, wo sie anfangen soll...

Dieser kunstvoll verschachtelte französische Kriminalfilm basiert auf dem Roman "Seules les betes" ("Nur die Tiere") - so auch der Originaltitel dieser Adaption - von Colin Niel aus dem Jahr 2017. Regisseur und Drehbuchautor Dominik Moll ("Der Mönch") hebt nach und nach die Vorhänge, um das wahre Geschehen zu enthüllen. Originell, trügerisch und fesselnd, müssen sich die Zuschauer auf das bedachtsame Tempo einlassen können. Die bereits zwei Jahre alte OVALmedia-Produktion hat durchweg gute Kritiken erhalten.

Auch unser Kritiker Falk Straub rät zum Kartenkauf: "Dieser souverän erzählte, photographierte und inszenierte Film steckt voller Überraschungen und wartet mit einem Ensemble auf, das sich im Zusammenspiel ausgezeichnet ergänzt."

Hier geht es zu den kompletten Filmstarts

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