Vorletztes Wochenende lieferten sich 50 000 Australier ein
Wettrennen mit der Polizei: Die Zuschauer wollten den umstrittenen
Film "Baise-Moi" noch sehen, bevor die Beamten die Vorstellungen
abbrachen
Überall wo der umstrittene Thriller "Baise-Moi" bislang aufgetaucht
ist, hat er die Zensoren in Aufregung versetzt und die
Sittenwächter alarmiert. Nur in Deutschland kam und ging der
Streifen ohne große Resonanz.
Um so heftiger und bizarrer ging es dafür vorletztes Wochenende in
den australischen Kinos zu. "Baise-Moi", in dem die Sexszenen nicht
"gespielt" werden, lief bereits seit dem 24. April in den
Lichtspielhäusern, als das Classification Review Board beschloss,
den Streifen ab vorletzten Freitag wegen seiner pornographischen
Darstellungen verbieten zu lassen. Im Ergebnis versuchten fast 50
000 Zuschauer, am Wochenende noch mal selbst nachzuprüfen, was es
mit der ganzen Aufregung auf sich hatte, und die französische
Produktion in den Kinos anzusehen, in denen die Besitzer dem Verbot
nicht sofort Folge leisteten.
Das führte zu surrealen Szenen: In ein Kino in Sydney marschierten
Polizisten ein, um die Vorstellung abzublasen. Vor einem
Filmtheater in Melbourne standen lange Schlangen im Regen an, bevor
der Film gestrichen wurde. Trotzdem wurden in einigen Programmkinos
Zuschauerrekorde gebrochen. Damit hatte die ungleiche Koalition aus
heimischen Porno-Produzenten und Konservativen, welche die
rechtsliberale Regierung bearbeitet hatte, den Film verbieten zu
lassen, die Aufmerksamkeit ungewollt erst auf "Baise-Moi"
gerichtet.
Zudem provoziert dieses rabiate Vorgehen auch Widerspruch. Bob Carr
von der Labor Party meint: "Das könnte der schlechteste Film der
letzten fünf Jahre sein, aber es hinterlässt einen schlechten
Geschmack, wenn wir jetzt Polizisten in die Kinos schicken. Wir
wollen denen, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Bücher oder
Theaterstücke verbieten lassen zu wollen, keine Ermutigung
verschaffen. Mir gefällt die Idee nicht, dass Erwachsenen gesagt
wird, was sie in Kinos sehen können."
Alex Meskovic, der Manager des Chauvel-Kinos in Sydney, dessen
Vorstellung die Polizei beendete, beschimpfte die Zensurbehörde als
ein "total unfaires Känguruhgericht". Er, weitere Kinobesitzer und
die Verleiher von "Baise-Moi" wollen durch ihre Anwälte rechtliche
Schritte gegen die Entscheidung der Zensurbehörde einlegen lassen.
Lichtspielhäuser in Melbourne und Canberra wollen auch erkunden, ob
sie mit den Gesetzen ihrer Länder das Verbot der staatlichen
Regierung umgehen können.
