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Die Päpstin (2009)

International besetzter deutscher Historienschinken mit Johanna Wokalek als (die fiktive) Johanna von Ingelheim, die im 9. Jahrhundert als Mann verkleidet zum Papst aufsteigt...

User-Film-Bewertung [?]: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 3.9 / 5

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Im Jahr 814 nach Christi ist Johanna zu einem Leben als Frau verdammt. Ihr Lebensweg scheint vorbestimmt: arbeiten, Kinder kriegen und früh sterben. Doch Johanna lehnt sich auf, gegen den strengen Vater, gegen die Regeln der Kirche, für ihre Überzeugung und ihren Glauben. Denn sie spürt, dass ihre Bestimmung eine andere ist, dass Gott ihr einen anderen Weg weist. Doch der Preis dafür ist hoch.
In Dorstadt besucht Johanna die Domschule und begegnet Graf Gerold, einem Edelmann am Hofe des Bischofs. Aus ihrer Freundschaft wird Liebe. Als Gerold in den Krieg zieht, erinnert sich Johanna ihrer Bestimmung. Ihr Ziel aber kann sie als Frau nicht erreichen. Johanna trifft eine folgenreiche Entscheidung: Unter dem Namen Bruder Johannes tritt sie als Mann verkleidet ins Benediktinerkloster Fulda ein und lebt dort als heilkundiger und geachteter Arzt. Als ihre wahre Identität droht, aufgedeckt zu werden, flieht sie nach Rom...

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Die PäpstinJohanna Wokalek als 'Die Päpstin'Martin Moszkowicz, Donna Woolfolk Cross -...08.08Donna Woolfolk Cross - Pressekonferenz DIE PÄPSTIN in...08.08Martin Moszkowicz, David Wenham, Johanna Wokalek,...08.08David Wenham, Johanna Wokalek, Sönke Wortmann -...08.08

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Filmkritik

Mit dem Namen Sönke Wortmann assoziiert man nicht gleich opulente Historienepen. Spontan denkt man eher an Filme wie "Das Wunder von Bern", "Ein Sommermärchen" oder aktuell das Sportler- und Coming-of-Age-Drama "Hangtime". Doch den deutschen Regisseur und Produzenten schien die literarische Vorlage gereizt zu haben. Allein in Deutschland verkaufte sich schließlich der gleichnamige Weltbestseller, aus der Feder der Autorin Donna Woolfolk Cross, als Buch oder Hörbuch über fünf Millionen Mal. Die Faszination, welche die Geschichte ausstrahlt, lässt sich nicht allein anhand der allgemeinen Beliebtheit historischer Romane begründen: Vielmehr ist es dieses gewagte Spiel mit der Idee einer Möglichkeit, welche die Fundamente der größten christlichen Institution ins Wanken bringen könnte, dass viele Menschen einfach daran teilhaben wollen. Es wäre ja auch ein zu dolles Ding, wenn es denn wahr wäre. Man stelle sich vor: Eine Frau als Oberhaupt der Katholischen Kirche! Dass der Wahrheitsgehalt dieser Spekulation angezweifelt wird, sollte nicht verwundern. Das Für und Wider der Diskussion sei an dieser Stelle aber ausgespart.

Im Jahre 814 kommt Johanna zur Welt. Ein aufgewecktes, blitzgescheites und überaus lernwilliges Mädchen. Doch es ist keine gute Zeit für Frauen. Wir befinden uns im tiefsten Mittelalter; es herrscht striktes Patriarchat und dort hat natürlich auch nur Adel und Klerus etwas zu sagen. Schreiben und Lesen lernen natürlich nur Männer; die Frauen sind selbstverständlich viel zu dumm dazu. Die Bibel gibt’s nur in Latein; irgendwie scheinen sich alle darauf verständigt zu haben, dass dies Gottes Sprache ist, auch wenn die erste europäische Fassung der Bibel in Altgriechisch entstand.

Johannas Vater ist der Dorfpriester (Iain Glen). Als Mann Gottes hält er es nicht nur für seine Aufgabe, dessen Wort unter die Menschen zu bringen, sondern auch ihnen den Teufel auszutreiben. Besonders seiner Frau (Jördis Triebel), die immer noch die alten germanischen Götter (Wotan & Co.) anruft. Und nichts hilft scheinbar besser gegen den Teufel, als brutale körperliche Gewalt und eine gelegentliche Vergewaltigung (der eigenen Ehefrau). Als Priester sieht er es aber auch als seine Pflicht an, seine beiden Söhne im Lesen und Schreiben zu unterweisen. Besonders der ältere, Matthias (Sandro Lohmann), zeigt sich solchermaßen gelehrsam, dass er auf die Domschule und auch eines Tages Priester werden soll. Der jüngere, Johannes (Jan-Hendrik Kiefer), scheint hingegen nur Stroh im Kopf zu haben. Ganz im Gegensatz zu Johanna, der noch ein großes Schicksal zuteil werden soll.

Die Verfilmung "Die Päpstin" erweckt auf den ersten Blick, den Versuch großes Kino inszenieren zu wollen. Das internationale Staraufgebot spricht für sich und die Sets und Kulissen ebenfalls. Es ist aber nur der Versuch: nicht halbherzig, aber viel gewollt und sich letzten Endes mit dem begnügt, was ebenso ging, verdichtet sich als Eindruck zusehends. Viel schwerwiegender aber sind die Plattitüden: Das schmutzige Mittelalter, mit all seinen Niederungen, muss noch so vehement in die Köpfe der Zuschauer gehämmert werden, damit auch jeder am Ende versteht, was für eine furchtbare Zeit das war. Kein Klischee zu bemüht, keine Stereotype zu abgedroschen – ein Glück, dass wenigstens die Verrichtung der Notdurft ausgeklammert wurde: Schmutz, Elend, Lepra, Krieg und Pest, die Reiter der Apokalypse ziehen übers Land. Mag sogar sein, dass dies alles wirklich authentisch ist; aber auch dermaßen plakativ, dass das Gefühl aufkommt, ein boulevardeskes Magazin hätte den Film inszeniert.

Natürlich ist so was Geschmackssache und die Kenner und Freunde des Buches mögen der Meinung seien, dass man sich lediglich an die Vorlage gehalten hat. Für die anderen bleibt möglicherweise eine gewisse (unfreiwillige) Komik nicht aus. Vor allem zu verdanken hat man das John Goodman. Der wuchtige Komiker aus Übersee hat filmisch schon bessere Tage gesehen. Als Pontifex ist er aber gleich in mehrfacher Hinsicht die Krönung: Es ist einfach schlichtweg nicht möglich, diese imposante Erscheinung zu sehen und sich vollends ernst zu halten. Selbst wenn er es nicht will, ist er irgendwie schräg und zaubert ein Grinsen aufs Gesicht. Doch diese, mitunter ungewollte, Komik ist auch anderen zu verdanken: Zu Beginn taucht eine Figur auf, der griechische Gelehrte Aesculapius (Edward Petherbridge), der Johannas Lehrer wird; jeder, der auch nur einmal ein Asterixheft in Händen gehalten hat, wird augenblicklich aufspringen und "Miraculix" rufen. Die Ähnlichkeit ist aber bestimmt ungewollt.

Eine andere international hochkarätig besetzte Rolle, ist die des Grafen Gerold: Mit David Wenham hat man dort jemanden gefunden, der seine Schwertschwinger-Qualitäten bereits bei "300" unter Beweis stellte, hier fällt seine Rolle aber deutlich zahmer aus. Johannas Figur wird gleich von drei Darstellerinnen geschultert, die sie in den verschiedenen Altersstufen verkörpern: Tigerlily Hutchinson (Alter 6-9), Lotte Flack (10-14 Jahre) und natürlich Johanna Wokalek als erwachsene Figur. Letzterer gehören auch alle wesentlichen Akzente des Films, bis hin zur Inthronisation auf den Stuhl des Heiligen Vaters. Unerhört! Ein Raunen der Empörung wird durch die Hallen des Vatikans schallen, dabei erscheint das genauso sinnvoll, als würde sich die Englische Königsfamilie vor der Rückkehr König Arthurs fürchten.

Mag sein, dass es Indizien und Beweise für die Echtheit der Behauptung gibt, dass eine Frau einmal Papst war und die Katholische Kirche alles sorgsam daran gesetzt hat, diese Beweise aus allen Chroniken zu tilgen. Relaxt betrachtet, regt das aber ungefähr auf dem Level der Dan Brown Bücher auf. Tatsächlich könnte man sich doch mehr über jüngere Fehlleistungen des Vatikan-Oberhauptes eschoffieren. Halt nein! Wieder schallt der Chor der Entrüstung durch den Äther, diesmal sind es die Feministinnen, die an dieser Geschichte glatt ein paar Meter in die Höhe wachsen. Als müsse man sich heute noch über die Gepflogenheiten vor über 1000 Jahren aufregen. Liebe Damen: Das Mittelalter ist vorbei, der Feminismus hat in den westlichen Demokratien triumphiert (und lauter neurotische Männer produziert); zugegeben: Frauen können immer noch nicht Papst werden – aber es gibt wirklich Schlimmeres.

Fazit: Pompöser großambitionierter Film, der sich müht, nicht gegen vergleichbare, höher budgetierte Produktionen abzufallen. Dem dies aber nicht ganz gelingt. Losgelöst vom Buch entsteht für den Zuschauer eine Geschichte, die gelegentlich etwas "Braveheart"-Charme verströmt (nur viel schmutziger), teils an "Johanna von Orleans" erinnert (wenn auch wesentlich unaufgeregter) und reichlich in "Lancelot und Guinevere"-Attitüden schwelgt. Besonders aber Erinnerungen an "Yentl" mit Barbara Streisand aus dem Hinterhof der Erinnerung zaubert: Die Geschichte einer jüdischen Frau, die Rabbi werden wollte – und auch ihr kam ein Mann dazwischen.




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Besetzung & Crew von "Die Päpstin"

Land: Großbritannien, Deutschland
Jahr: 2009
Genre: Drama, Historie
FSK: 12
Kinostart: 22.10.2009
Regie: Sönke Wortmann
Darsteller: Anatole Taubman, Johanna Wokalek, Jan-Hendrik Kiefer, Iain Glen, David Wenham
Kamera: Tom Fährmann
Verleih: Constantin Film

Awards - Deutscher Filmpreis 2010


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Die Päpstin – Legende und Wirklichkeit
Ähnlich wie die Geschichte von König Arthur ist die der Päpstin Johanna ein faszinierendes "Rätsel der Geschichte”, das über die Jahre [...mehr] zur Legende wurde. Saß im neunten Jahrhundert tatsächlich eine Frau auf dem Petersstuhl? Mehr als ein Jahrtausend später ist es unmöglich, ihre Existenz zu beweisen oder zu widerlegen. Aber man kann einige Argumente für und wider ihrer Existenz untersuchen.

Die Päpstin Johanna – eine langlebige Legende
Die meisten Menschen haben noch nie von der Päpstin Johanna gehört – und alle die, die ihre Geschichte kennen, halten ihre Existenz für eine Legende. Ihr Amt als Päpstin ist jedoch bis heute in über 500 historischen Chroniken erwähnt, darunter auch die von bekannten Autoren wie Petrarca, Boccaccio und Platin, dem berühmten Papstchronisten. Johannas Geschichte findet sich im offiziellen Kirchenreiseführer "Mirabilia Urbis" wieder, der über Jahrhunderte hinweg von jedem Rom-Pilger gelesen wurde. Von vielen Rombesuchern wird ihre Statue erwähnt, die neben den Abbildern der anderen Päpste in der Kathedrale von Siena gestanden haben soll. Im Jahr 1601 verschwand diese dann – sie soll auf Anweisung von Papst Clemens VIII entfernt worden sein.
Nach einer sorgfältigen Recherche in den päpstlichen Archiven im Jahr 1276 (in Aufzeichnungen, von denen es heute heißt, sie seinen "der Zeit zum Opfer gefallen"), änderte Papst Johannes XX seinen Titel in Johannes XXI und erkannte damit offiziell das Pontifikat Johannas als Johannes Anglicus VIII an.
Warum also diese Debatte? Hier sind einige Argumente, die für und gegen die Existenz der Johanna sprechen.
Das erste Argument, das gegen die Existenz der Päpstin spricht, dreht sich um die Frage, wann sie überhaupt regiert haben soll. Donna Woolfolk Cross legt ihre Amtszeit, entsprechend der am weitesten verbreiteten Vermutung, in die Zeit zwischen die Päpste Sergius II., Leo IV. (im Film wurden die beiden historischen Personen zur Figur Sergius zusammengelegt) und Benedikt III.
Leo IV. starb im Juli 855; sein Nachfolger Benedikt wurde am 29. September desselben Jahres geweiht. Statt der zweieinhalb Jahre, die Johanna regiert haben soll, liegt also nur ein Zeitraum von zweieinhalb Monaten zwischen dem Tod des alten und der Wahl des neuen Papstes. An den Daten ist kaum zu rütteln: Das Datum von Benedikts Amtseinführung ist durch eine Urkunde belegt, in der er mit Datum vom 7. Oktober einem Kloster dessen Privilegien bestätigt. Am Tag der Amtseinführung starb Kaiser Lothar. Doch bis die Kunde davon, Wochen später, endlich auch nach Rom drang, waren bereits Münzen geprägt worden, die sowohl Benedikt als auch Lothar nennen.
Es ist allgemein bekannt, dass das Liber Pontificalis ("Das Buch der Päpste"), meist sehr ungenau hinsichtlich der Papstnachfolgen und der Todesdaten des Mittelalters ist und dass viele der zitierten Daten gänzlich erfunden sind.
Das Todesdatum von Papst Leo IV ist mit dem 17. Juli beziffert, doch die ältesten Aufzeichnungen erwähnen kein Jahr. In einer Zeit, bevor Bücher gedruckt werden konnten und Schriftstücke aus Pergament abgekratzt und überschrieben wurden, wäre es sehr einfach gewesen, das Todesjahr von Leo von 853 auf 855 zu ändern – Johanna soll von 853 bis 855 regiert haben – um es aussehen zu lassen, als wäre Papst Leo IV unmittelbarer Nachfolger von Papst Benedict III gewesen.
Dies ist die Zeitspanne, die Donna Woolfolk Cross in ihrem Roman verwendet. Darin stimmt sie mit der Arbeit von Gelehrten überein, die die Original-Manuskripte des Liber Pontificalis untersucht haben.
Ein weiteres Gegenargument besteht darin, dass die Geschichte der Päpstin erst Jahrhunderte später nennenswerte Verbreitung fand. Der Name "Johannes Anglicus" wurde im Jahre 1265 erstmals von Dominikanermönch Martin von Troppau erwähnt, der die Amtszeit der Päpstin ebenso ins 9. Jahrhundert verlegt und sie zur Nachfolgerin von Leo IV. macht. Sein "Chronicon pontificum et imperatorum" ("Chronik der Päpste und Kaiser") war in 500 Handschriften verbreitet; für die damalige Zeit eine ungeheure Menge, die diese Chronik zum Standardwerk machte. Martin von Troppau erzählt, dass Johanna, die aus Mainz oder England stammte, bei einer Prozession zum Lateran ein Kind geboren habe, dabei gestorben und sogleich begraben worden sei.
Zeitgenössische Quellen, sei es aus dem 9. oder dem beginnenden 12. Jahrhundert, existieren nicht – was wiederum nicht für den Wahrheitsgehalt der Geschichte spricht. Zudem stammen die wichtigsten Quellen zur Päpstin aus Chroniken von Benediktiner- und Franziskanermönchen, deren Orden der römischen Amtskirche eher kritisch gegenüberstanden. Weitere Popularität erlangte die Päpstin Johanna dann in der Zeit der Reformation, in der sie in zahlreichen Schriften der Reformatoren als ein weiterer Beweis für die moralische Verkommenheit der Amtskirche höchst willkommen war.
Ein zeitgenössisches Dokument mit einem Bericht über Johannas Amtszeit gibt es doch – eine Abschrift des Liber Pontificalis. Es gibt Zweifel, ob der Bericht über Päpstin Johanna in diesem Schriftstück eine spätere Erweiterung ist. Aber selbst wenn das der Fall wäre, würde das den Bericht nicht zwingend unwahr erscheinen lassen. Ein späterer Chronist könnte auch Johannas Fehlen in der Aufzeichnung korrigiert und damit Missverständnisse aus dem Weg geräumt haben. Diese Annahme und die genannte Abschrift spielen im Roman von Donna Woolfolk Cross, sowie im Film, eine wichtige Rolle.
Neben dem Liber Pontificalis taucht Johannas Geschichte zunächst in der Arbeit von Marianus Scotus auf, einem Mönch, der dem Pontifikat vollkommen ergeben war. Nur wenig später war auch in den Schriften von Sigebert von Gembloux, Otto von Freising, Godfrey von Viterbo und Gervase of Tilbury von Johanna zu lesen – alle im 12. Jahrhundert, lange vor Martin von Troppau. Doch von diesen Aufzeichnungen gibt es keine Originale und Johannas Geschichte taucht nur in einigen der Kopien auf. Fraglich ist, ob Johannas Geschichte nachträglich in diese Abschriften eingefügt oder aus denjenigen gelöscht wurde, in denen sie nicht erwähnt wird.
Martin von Troppau (besser bekannt als Martin Polonus) war Dominikanermönch und ein eifriger Verfechter von Johannas Pontifikat – ein Mann, der für seine Genauigkeit und gewissenhafte Recherche in der Bibelforschung geschätzt wurde. Sein Werk, das Chronicon Pontificum et Imperatorum, legt den Grundstein für die Geschichte der Päpste, eine "semioffizielle" Chronik der Päpste. An seiner Erwähnung von Johanna gibt es keinen Zweifel, da sie in allen Ausgaben auftaucht.

Die verbotene Straße
Bei Prozessionen im Mittelalter wurde der kürzeste Weg vom Lateranpalast (in dem die Päpste bis ins 14. Jahrhundert residierten) zur Petersbasilika genommen. Dieser Weg führt durch die Straße, in der Johanna während einer päpstlichen Prozession niedergekommen und gestorben sein soll. (Damals die Via Sacra, heute bekannt als Via San Giovanni). Kurze Zeit später führte die Route der Papstprozessionen bewusst an der Via Sacra vorbei und könnte aus Abscheu gegenüber dem Ereignis ein Umweg um jenen Punkt gemacht haben.
Erst 1486 ließ Adam Burkhard, der Bischof von Strassburg in seiner Eigenschaft als Zeremonienmeister von Papst Innozenz VIII wieder den direkten Weg nehmen. Nach der Prozession wurde der Papst vom Florenzer Erzbischof, dem Bischof von Massano und dem apostolischen Subdiakon verurteilt, da er den Platz, an dem "Johannes Anglicus ein Kind geboren hatte", überquert hatte.
Andere Theorien besagen, dass dieser Umweg nicht wegen Johanna eingeschlagen wurde, sondern schlicht deshalb, weil die Via Sacra für eine päpstliche Prozession zu schmal geworden war. Eine plausible Erklärung für den Zerfall des mittelalterlichen Roms, mit umgestürzten Säulen, Statuen und anderem Trümmerschutt, der die Straßen blockierte. Allerdings erklärt dieses Argument weder, warum der Papst von einigen der höchsten Würdenträger aus dem päpstlichen Gefolge verurteilt wurde, noch weshalb bei der Prozession 1486 von keinerlei Hindernissen in der Via Sacra berichtet wurde.

Die geschlitzten Stühle
Über vier Jahrhunderte lang spielten im Mittelalter zwei Stühle mit einer Aussparung in der Sitzfläche bei der Amtseinführung eines neuen Papstes eine zentrale Rolle. Während der Zeremonie empfing der Papst auf dem ersten Stuhl einen Stab und die Schlüssel zum Lateranpalast; auf dem zweiten gab er sie wieder ab. Die Stühle existieren noch – einer im Vatikan, einer im Louvre. Das seltsame Loch im Sitz führte zu der Vermutung, auf diesem Stuhl seien die neuen Päpste einer Männlichkeitsprüfung unterzogen worden, damit sich ein solch peinlichen Vorfall wie mit Johanna nicht wiederholen und weder Eunuchen noch Frauen den Papstthron einnehmen konnten. Diese beiden Stühle werden in Beschreibung der Inthronisation von Paschalis II. im Jahr 1099 erwähnt, nicht jedoch bei den späteren Chronisten, die die Amtszeit von Johanna auf genau dieses Jahr datieren. Erst Hadrian VI., der ab 1522 regierte, schaffte diesen Teil des Rituals ab; bereits lange vorher hatten Kleriker gegen dessen Interpretation als Anatomie-Test angeschrieben. Die Legende jedoch, dass beim neuen Papst stets das Vorhandensein männlicher Geschlechtsorgane geprüft wurde, hielt sich noch lang über Hadrians Amtszeit hinaus und fand insbesondere in protestantischen Schriften Verbreitung.
Tatsächlich gibt es drei geschlitzte Stühle. Die "Stella stercoraria" – der "Dung-Stuhl" wurde so bezeichnet, da er an eine Toilette erinnert. Dabei handelt es sich um den Stuhl, auf dem angeblich jeder neu gewählte Papst nach Johanna einer Geschlechtsuntersuchung unterzogen wurde, um den Beweis zu erbringen, dass es sich um einen Mann handelte. Erst nachdem der Untersuchende (für gewöhnlich ein Diakon) den versammelten Menschen feierlich verkündet hatte "Mas nobis dominus est" ("Unser Auserwählter ist ein Mann"), wurden ihm die Schlüssel zu Sankt Peter ausgehändigt.
Für die Krönung von Päpsten, bei der solche "Sesseluntersuchungen" durchgeführt wurden, gibt es zahlreiche Augenzeugenberichte, am bemerkenswertesten die von Adam Usk (1404), und Bernard von Coreo (1492). Alle beschreiben, die Überprüfung der päpstlichen Männlichkeit gesehen zu haben. Zudem ist sie in unzähligen Liedern und Scherzen aus dieser Zeit erwähnt – ein merkwürdiger Brauch, wenn es keinen weiblichen Papst gegeben haben soll.
Fromme Legende? Protestantische Propaganda? Katholische Großverschwörung? Ob die Abenteuer der Johanna tatsächlich auf Fakten beruhen, lässt sich nicht mehr mit Gewissheit sagen, und man wird es wohl auch niemals herausfinden können.
Wenn wir bei Johannas Geschichte nur von einer Legende ausgehen, ist der Vergleich mit König Arthur von Interesse. Überall auf der Welt glauben Menschen an seine Geschichte, an die Artusrunde, das Schwert im Stein und Lanzelot und Guinevere. Jedoch tauchte diese Geschichte erstmals über 600 Jahre später in einem Bericht von Geoffrey von Monmouth auf, der seine Version von Arthur auf "ein altes Buch" in britischer Sprache stützte, das die Taten aller Britischen Könige erzählte. Niemand hat jemals jenes Buch gesehen, auf das sich Monmouth berief. Jüngste Wissenschaftler gehen mit William von Newburgh konform, der 1190 schrieb, dass es "durchaus eindeutig sei, dass alles, was Monmouth geschrieben hat, erfunden wurde, sei es aus übermäßiger Lust am Lügen oder der Belustigung der Briten zuliebe."
Was wäre, wenn Johannas Geschichte auf solch schwachen Beweisen basieren würde? Warum ist Arthurs Geschichte so bekannt, während Johannas in Vergessenheit geriet? Obgleich man Johannas Geschichte für Wirklichkeit oder Legende hält, lohnt es sich über diese Fragen nachzudenken.
Eine mögliche Antwort darauf gibt die Aussage des Philosophen Francis Bacon aus dem 17. Jahrhundert: "Der Mensch neigt dazu, das zu glauben, was er wahr haben möchte." Der Wahrheitsgehalt der Geschichte ist seit Jahrhunderten Gegenstand leidenschaftlicher Kontroversen, die mit dem weltweiten Millionen-Bestseller von Donna Cross ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden haben. Auch in Deutschland stand DIE PÄPSTIN nach dem Erscheinen 1996 über Monate auf der Bestsellerliste und wurde bereits über 4 Millionen mal verkauft.

Mit einem Einspiel von 27 Millionen Dollar weltweit wurde der Film ein solider Erfolg, schlug aber nie die Wellen wie "Der Name der Rose".

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