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FBW-Bewertung: Suburbicon (2017)

Prädikat besonders wertvoll

Jurybegründung: Die FBW-Jury hat dem Film das Prädikat besonders wertvoll verliehen.

George Clooney demontiert hier genüsslich den amerikanischen Traum. Der war nie wieder so sonnig und vermeintlich unschuldig wie in den Vororten der weißen Mittelschicht in den 1950er Jahren. Da saßen die Erwachsenen abends auf der Veranda, die Söhne spielten miteinander Baseball und der Briefträger hatte für jeden ein freundliches Wort. So beginnt SUBURBICON im Stil eines Werbefilms, aber dann ziehen Afroamerikaner in die Nachbarschaft, und der Frieden ist dahin. Dies ist zwar nur ein Nebenerzählstrang des Films, aber ihn hat Clooney mit der Wut inszeniert, die Rassismus und Bigotterie in ihm auslösen. So wird diese Geschichte sehr ernsthaft und mit einem pessimistischen Grundton erzählt. Die Integration scheitert und ist bis heute nicht gelungen. Der Protagonist, aus dessen Blickwinkel der Film all dies zeigt, ist der junge Nicky Lodge. Seine Mutter ermuntert ihn dazu, mit dem neuen Nachbarsjungen, den sonst alle schneiden, Baseball zu spielen. Doch bald darauf ist sie tot, und Nicky findet bald heraus, dass sie nicht so gestorben ist, wie sein Vater und dessen Schwägerin, die schon bald nach der Beerdigung wie ein Ehepaar miteinander leben, es ihm und der Polizei gesagt haben. Da wird man unwillkürlich an ?Hamlet? erinnert, aber weil die Coen-Brüder am Drehbuch mitgearbeitet haben, ist der Film dann doch keine Tragödie, sondern eine Kriminalkomödie. Denn Nickys Vater ist einer von den vielen tumben Schurken, die die Filme der Coen-Brüder bevölkern. Und er bringt sich schon ganz von selber an den Galgen, da reicht es, wenn der kleine Nicky ihm dabei mit erstaunten Augen zusieht. Matt Damon spielt diesen Biedermann, dem seine verbrecherischen Pläne bald über den Kopf wachsen, und der von jedem anderen Erwachsenen offensichtlich sofort durchschaut wird, mit einer Mischung aus Großmannssucht und Verbissenheit, die zugleich abstoßend und sehr komisch wirkt. Dies wird grandios auf den Punkt gebracht, wenn er sich auf dem Kinderfahrrad seines Sohnes blutig auf der nächtlichen Straße abstrampelt. Clooney trifft da den Ton der Filme der Coen Brüder sehr genau: diese Mischung aus Faszination darüber, wie dumm die Menschen sein können und einem ganz eigenen, düsteren Humor. Er arbeitet auch mit direkten Zitaten: einen im Hintergrund parkenden Volkswagen mit einem dicken Mann darin gab es schon in BLOOD SIMPLE und THE BIG LEBOWSKI. Und dennoch ist er mehr als ein Epigone, denn die Coen-Brüder hätten diese beiden Geschichten sicherlich so nicht miteinander verwoben.




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