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Rock Chicks (2021)

Deutscher Dokumentarfilm über Pionierinnen, Wegbereiterinnen und Wegweiserinnen des Rock 'n' Roll.Kritiker-Film-Bewertung: unterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse 4 / 5
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Der Rock 'n' Roll ist eine Männerdomäne – nicht zuletzt deshalb, weil das kollektive Gedächtnis all die Pionierinnen dieser Musikrichtung allzu gern vergisst. Dabei hätte es Elvis Presleys Song "Hound Dog" ohne "Big Mama" Thornton, die ihn zuerst sang, nicht gegeben. Cordell Jackson wiederum griff bereits zur Gitarre, als Elvis noch in der Wiege lag, und gründete später ihr eigenes Label, um die verkrusteten Strukturen der Branche aufzubrechen.

In ihrem Dokumentarfilm ruft die Regisseurin Marita Stocker Rockmusikerinnen der ersten Stunde wie Sister Rosetta Tharpe, "Big Mama" Thornton, Wanda Jackson, LaVern Baker und Cordell Jackson in Erinnerung. Und sie besucht Wegbereiterinnen wie Suzi Quatro, Kristin Hersh und Honeychild Coleman zu Hause und im Aufnahmestudio.

Bildergalerie zum Film "Rock Chicks"

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Filmkritikunterirdischschlechtmittelm??iggutweltklasse4 / 5

Wenn Linda Gail Lewis am Piano zu rocken beginnt, ihren Fuß vom Boden hebt und lässig auf ihr Instrument schwingt, dann erinnert das unweigerlich an die Auftritte ihres zwölf Jahre älteren Bruders. Die Pose mag nachgeahmt sein, Linda Gails Einstellung ist echt. Sie ist eine Vollblutmusikerin, die auch jenseits der 70 nicht von ihrer Leidenschaft lassen kann. Auf ihrer jüngsten Tournee reißt sie 12.000 Kilometer hinter dem Steuer ihres eigenen Wagens ab. Die Tournee führt sie in kleine, mal schummrige, mal heimelige Bars mit überschaubarem Publikum. Denn die Prominenz ihres Bruders Jerry Lee Lewis (1935–2022) hat Linda Gail Lewis nie erreicht.

Linda Gail Lewis' Beispiel ist eines von vielen Paradebeispielen, die die Regisseurin Marita Stocker für ihren Dokumentarfilm zusammengetragen hat. Dass die Welt des Rock 'n' Roll eine Männerwelt ist, was wiederum die öffentliche Wahrnehmung des Rock 'n' Roll als Männerdomäne verfestigt, wird mit diesem Film zwar nicht zum ersten Mal kommentiert. Stocker leistet jedoch wichtige Aufklärungsarbeit, indem sie nicht nur einflussreiche Musikerinnen vorstellt, sondern auch an Pionierinnen des Rock 'n' Roll erinnert, von denen viele Musikfans noch nie etwas gehört haben dürften.

Nicht wenige davon, wie Sister Rosetta Tharpe (1915–1973) oder Willie Mae "Big Mama" Thornton (1926–1984), sind schwarz, was ein weiteres Versäumnis der Rock-'n'-Roll-Geschichtsschreibung aufzeigt: Marginalisierte Gruppen werden gern übersehen, vergessen oder absichtlich ausgespart. Dass es so lange gedauert hat, bis nach den schwarzen Männern und den weißen Frauen auch die schwarzen Frauen des Rock 'n' Roll ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wurden (wie zuletzt etwa in Baz Luhrmanns Biopic "Elvis" geschehen), verwundert also nicht.

Stocker stellt diese "Rock Chicks", die mit ihrer Musik eine moralinsaure Gesellschaft herausforderten und bis heute herausfordern, mal in Archivaufnahmen vor, mal besucht sie die noch lebenden Vertreterinnen zu Hause, im Tonstudio oder auf Tour. Neben den Musikerinnen selbst kommen Wegbegleiterinnen und Expertinnen wie etwa Nwaka Onwusa, die erste schwarze Kuratorin der Rock and Roll Hall of Fame überhaupt, zu Wort. Narrativ und inszenatorisch überrascht Stockers Film zwar nicht, bietet dafür aber eine ebenso spannende, unterhaltsame und rockige wie aufschlussreiche Lehrstunde in Musikgeschichte.

Fazit: Marita Stockers Dokumentarfilm überrascht erzählerisch und inszenatorisch zwar nicht, leistet dafür aber wichtige Aufklärungsarbeit. "Rock Chicks" ruft vergessene Pionierinnen des Rock 'n' Roll wieder in Erinnerung und zeigt auf, wie falsch das Bild von der Männerdomäne ist. Eine musikalische Lehrstunde mit Rhythmus im Blut.




Besetzung & Crew von "Rock Chicks"

Land: Deutschland
Jahr: 2021
Genre: Dokumentation
Länge: 79 Minuten
FSK: 0
Kinostart: 09.03.2023
Regie: Marita Stocker
Kamera: Mitja Hagelüken
Verleih: dejavu filmverleih



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