Ein Glücksfall (2023)

"Ein Glücksfall":

Mit Werken wie "Match Point" (2005) und "Vicky Cristina Barcelona" (2008) hat der eng mit New York verbundene Filmemacher Woody Allen bereits Erfahrung mit der Verlegung seiner Geschichten nach Europa gesammelt. Die 1992 erstmals gegen ihn erhobenen Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs durch seine Adoptivtochter Dylan Farrow, die im Zuge der #MeToo-Bewegung wieder stärker diskutiert werden, dürften nun indes der Anlass für den Regisseur sein, abermals außerhalb der USA zu drehen. Denn während Allen in Hollywood inzwischen einen ziemlich schweren Stand hat, bekam er in Frankreich Geld für einen weiteren Film.

Im Pariser Alltag

Die Beiträge aus Allens erster Europa-Periode, die jeweils in einer nicht-englischsprachigen Stadt angesiedelt waren (darunter "Midnight in Paris" und "To Rome with Love"), ließen stets einen touristischen Blick auf die gezeigten Orte erkennen. Bei "Ein Glücksfall" kommt jetzt hingegen eine durchweg französische Besetzung zum Einsatz. Eine Neuerfindung des vertrauten Allen-Stils geht damit zwar nicht einher – dennoch tut es der Story und den Figuren gut, dass alles tatsächlich in der Lebenswelt des Landes verankert ist und der Schauplatz nicht nur als pittoreske Kulisse dient. Der Plot zwischen RomCom und Crime ist nicht übermäßig originell, verfügt allerdings bis zum Schluss über gewitzte Momente.

Der High-Society-Alltag der Protagonistin Fanny wird in einer betont kühl ausgeleuchteten Umgebung erfasst; alles wirkt sehr künstlich und theaterhaft. Für die entstehende heimliche Liebe zwischen der Heldin und dem Literaten Alain finden Allen und sein italienischer Kameramann Vittorio Storaro wiederum überraschend romantische, oft beinahe kitschige Bilder in herbstlicher Atmosphäre. Letztere wird selbst von dem etwas zu aufdringlichen Jazz-Score nicht erdrückt.

Ein spielfreudiges Ensemble

Niels Schneider ("Herzensbrecher") als Alain und Valérie Lemercier ("Aline") als Fannys Mutter tragen einzelne Züge der typischen Allen-Persona, sind insgesamt aber weniger neurotisch. Hauptdarstellerin Lou de Laâge ist ebenso überzeugend wie Melvil Poupaud ("Laurence Anyways") als bösartiger Ehemann.

Fazit: Eine Krimikomödie, die in puncto Einfallsreichtum nicht an Allens Glanzzeiten anzuknüpfen vermag, jedoch mit einigen amüsanten Ideen aufwartet und von den einnehmenden Schauspielleistungen lebt.