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Die Brücke am Kwai - Alec Guinness
Die Brücke am Kwai - Alec Guinness

TV-Tipp für Donnerstag (3.1.): Alec Guinness arbeitet für den Feind

3sat zeigt Meisterwerk "Die Brücke am Kwai"

"Die Brücke am Kwai", 3sat, 22:25 Uhr
Nachdem er seine Differenzen mit dem Befehlshaber (Sessue Hayakawa) eines japanischen Kriegsgefangenenlagers beigelegt hat, willigt ein britischer Offizier (Alec Guinness) ein, seine Soldaten für den Bau einer Eisenbahnbrücke des Feindes einzusetzen - nichts von den Plänen seiner eigenen Landsleute ahnend, die Brücke zu zerstören.

Wenn ein Film alle beleidigt, dann hat er wohl etwas richtig gemacht: Bei der Aufführung 1957 kritisierten die Japaner, der Abenteuerfilm würde die japanischen Ingenieure als inkompetent darstellen und die britischen als super-effizient. Die Briten wiederum empfanden das Werk als anti-britisch, weil die Hauptfigur des Colonal Nicholson als Kollaborateur der Japaner gezeichnet sei und überhaupt alle Soldaten als willfährig gehorsame Marionetten, die so zum vermeintlichen Sieg des Feindes - der Errichtung der Brücke - beitragen.

Schon während der Dreharbeiten in Sir Lanka, dem damaligen Ceylon, der in Burma spielenden Geschichte waren Hauptdarsteller Alec Guinness und Nebendarsteller James Donald wiederholt mit Regisseur David Lean ("Lawrence of Arabia") aneinander geraten, weil sie selbst den Film als anti-britisch empfanden. Das führte zu der Explosion des Regisseurs: "Jetzt könnt ihr euch verpissen und nach Hause gehen, ihr englischen Darsteller! Zum Glück arbeite ich morgen mit einem amerikanischen Schauspieler (William Holden)."

Die Handlung der britischen Columbia Pictures-Produktion und der ihr zu Grunde liegende Roman "Le Pont de la Rivière Kwai" von Pierre Boulle aus dem Jahr 1954 hat einen wahren historischen Hintergrund, und die 1942 errichtete "Brücke über dem Kwai" existiert tatsächlich in Kanchanaburi im Westen Thailands. Die Brücke ist Teil einer Eisenbahnstrecke, die im Zweiten Weltkrieg gebaut wurde, um die thailändische und birmanische Eisenbahnlinie zu verbinden. Durch die Verbindung sollte eine durchgehende Linie von Bangkok in Thailand nach Rangun in Birma zur logistischen Unterstützung der japanischen Besetzung Birmas geschaffen werden. Rund 100 000 asiatische Zwangsarbeiter und 16 000 Kriegsgefangene fanden unter schlimmen hygienischen Bedingungen beim Bau der Strecke den Tod, die deshalb die Bezeichnung "Todesbahn" erhielt. Diese ist vor sechs Jahren auch Thema des britischen Dramas "The Railway Man" mit Colin Firth gewesen.

Im Fall der Brücke am Kwai zwangen die Japaner Kriegsgefangene zwei Brücken zu bauen. Zunächst eine Holzbrücke und fünf Monate später zusätzlich eine stählerne Brücke. Der Film deutet die menschenverachtenden Zustände für die unter Todesdrohung arbeitenden Kriegsgefangenen dabei nur an. Beide Brücken wurden von alliierten Bombern zerstört. 1946 wurde die Stahlbrücke als Teil der Kriegsreparationen von einer japanischen Firma wieder aufgebaut und ist bis heute in Betrieb.

Für die Dreharbeiten ließ Lean eine Holzbrücke bei Kitulgala in Ceylon über den Fluss Kelanie aufbauen, die 35 Meter hoch und 130 Meter lange war. Diese Brücke wurde dann tatsächlich gesprengt, während ein unbesetzter Zug über sie hinwegfuhr.

David Lean und seinem Team schafften eines der großen Meisterwerke der Filmgeschichte - einen komplexen Streifen, der schwierige Fragen stellt und leichten Antworten widersteht und sich dabei auf großartige Leistungen insbesondere des Regisseurs und des Hauptdarstellers mit seiner genialen psychologisch differenzierten Darstellung verlassen kann, die beide mit dem Oscar gekrönt wurden. Der effektvolle und sorgfältig inszenierte Streifen changiert ambivalent zwischen der Verherrlichung militärischer Pflichterfüllung und der ironischen Kritik an der absurden Sinnlosigkeit des Krieges.

"The Bridge on the River Kwai" wurde ein fabelhafter Erfolg. Für umgerechnet knapp 3 Millionen Dollar hergestellt, spielte er weltweit über 30 Millionen Dollar ein und war der erfolgreichste Film des Jahres. Die Kritiker waren rundweg begeistert, ebenso das Publikum, und der Streifen konnte so ziemlich alles gewinnen, was es an Preisen gab. Sieben Oscars waren darunter; neben Lean und Guinness erhielt der Film den Academy Award als "Bester Film", für das Drehbuch, für Kameramann Jack Hildyard, für Komponist Malcolm Arnold, für Cutter Peter Taylor. Nominiert war dazu noch der japanische Nebendarsteller Sessue Hayakawa.

Bei der Verleihung der Oscars an die Drehbuchautoren lief ein Schmierenstück ab: Ausgezeichnet wurde der französische Romanautor Pierre Boulle, der des Englischen überhaupt nicht mächtig war. Die eigentlichen Urheber Carl Foreman und Michael Wilson standen zu der Zeit auf der "Schwarzen Liste" der kommunistischen Hexenjäger des US-Kongresses und durften nicht genannt werden. Erst 1984 rückte die Academy of Motion Picture Arts and Sciences die Situation gerade, indem sie nachträglich Foreman und Wilson die Ehre offiziell zu Teil werden ließ. Da waren beide indes schon tot.

"The Bridge on the River Kwai" ist in die Populärkultur eingegangen, parodiert und angespielt in zahlreichen Fernsehserien, in Musicals und in Computerspielen. Der von den britischen Kriegsgefangenen beim Einmarsch in das Lager zu Beginn gepfiffene "Coloney Bogey March" aus dem Jahr 1914 wurde ein Welt-Hit und war jahrelang in der deutschen Fernsehwerbung präsent. 1997 nahm die US-Library of Congress den Film als "künstlerisch, historisch oder ästhetisch bedeutsames" Werk in das National Film Registry auf, um es der Nachwelt zu erhalten.

Ein Zuschauer schwärmt: "Vom Anfang bis zum spektakulären Höhepunkt baut David Lean eine subtile Anspannung auf, die er bis zum Ende durchhält. Diese unterstreicht das Drama und macht es zu einem packenden, unvergesslichen Film. Die mitreißenden Bilder werden mit der emotionalen Verstrickung der Charaktere perfekt verbunden. Und nicht zuletzt versteht es der Regisseur, wie er die Darstellungen seiner Schauspieler erreicht, um die großartige Geschichte so überzeugend und glaubhaft zu erzählen. Alec Guinness erhielt zu Recht den Oscar, denn er verschwindet so sehr in seiner Figur, dass man den Schauspieler völlig vergisst. Ein Klassiker in jedem Sinne, ist dieser Film ein Paradebeispiel für die Magie des Kinos."



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