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Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis - Lou (Jake...assen
Nightcrawler - Jede Nacht hat ihren Preis - Lou (Jake Gyllenhaal) ist fest entschlossen, als Kameramann Fuß zu fassen
© Concorde

TV-Tipps für Pfingstmontag (5.6.): Jake Gyllenhaal bestimmt seinen Preis

Vox zeigt FreeTV-Premiere "Nightcrawler"

Der Pfingstmontagabend wird düster, aber um so lohnender. Gleich zwei Produktionen zeigen die Schattenseiten journalistischen Ehrgeizes. Mit dem verstörenden "Schock-Korridor" zeigt Arte einen Samuel Fuller-Klassiker aus den Sechzigern im Spätprogramm; parallel strahlt Vox als FreeTV-Premiere den nicht minder irritierenden "Nightcrawler" mit einem grandiosen Jake Gyllenhaal aus.

"Schock-Korridor", Arte, 22:15 Uhr
Ein Journalist (Peter Breck) glaubt die Story gefunden zu haben, die ihm zum Pulitzer-Preis verhelfen wird: Er lässt sich in eine Psychiatrie einweisen, um den Mord an einem Patienten aufzuklären.

Regisseur und Drehbuchautor Samuel Fuller ("The Big Red One") schreckte in seiner Karriere nie davor zurück, umstrittene Themen anzupacken. Mit diesem Kriminalfilm aus dem Jahr 1963 tat der damals 51-Jährige dies gleich doppelt. Zum Einen öffnete er die Tür "zu Dingen, die Sie noch nie zuvor gesehen haben", wie die Werbung zu der Aliied Artists-Produktion reißerisch verkündete und zeigte die Welt der Psychiatrie...sicherlich ebenso reißerisch.

Daneben verpackte der Künstler in seiner Geschichte aber auch die politisch-gesellschaftlichen Themen, welche die Amerikaner zu Beginn der sechziger Jahre umtrieben, indem er sie auf die drei Patienten projizierte, die der Journalist als Zeugen "vernimmt". So spielen unterschwellig der Anti-Kommunismus, der Rassismus und die Anti-Diskriminierungsgesetze sowie das Wettrüsten des Kalten Krieges eine Rolle. Mit seiner überzeugenden Inszenierung und der kühnen Kameraführung von Stanley Cortez entsteht so das Bild einer individuellen wie gesellschaftlichen Neurose.

Nebendarsteller Larry Tucker erhielt eine Golden Globe-Nominierung als "Beste Neuentdeckung". 1996 nahm die US-Library of Congress den Streifen als "kulturell, historisch oder ästhetisch bedeutsames Werk" in das National Film Registry auf, um es der Nachwelt zu erhalten.

Ein dänischer Zuschauer lobt: "Eine Seherfahrung, die ich wohl nicht vergessen werde. Einer der heftigsten, wildesten und verstörendsten Filme, die ich je gesehen habe, und brillante Kinokunst dazu. Der Stil ist souverän, mischt Schund und regelrechte Geschmacklosigkeiten mit hohem Melodrama und Film Noir in unvergesslichen, dramatisch belichteten Bildern."



"Nightcrawler", Vox, 22:35 Uhr
Ein Hochstapler (Jake Gyllenhaal), der verzweifelt nach einer Anstellung sucht, drängt sich in das Geschäft des Verbrechensjournalismus in Los Angeles. Dabei verwischt er die Linie zwischen Beobachter und Beteiligtem, um der Star in seiner eigenen Geschichte zu werden.

Das gibt es selten in Hollywood, aber Dan Gilroy's Drehbuch zu diesem Thriller war so gut, dass jeder, der es las, mitwirken wollte. Auch die Industrie und die Presse erkannten die Qualität des Skripts an, das unter anderem für den Oscar und den Britischen Filmpreis nominiert wurde. Früh an Bord war Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal, der die kleine 8,5 Millionen Dollar teure Independent-Produktion auch als Produzent vorbereitete. Andere namhafte Akteure wie Rene Russo, Riz Ahmed und Bill Paxton folgten. Hinter der Kamera konnte Gilroy einer Familienbande vertrauen, denn sein Bruder Tony Gilroy - Dan hatte das Skript für dessen Regie zu "The Bourne Legacy" geschrieben - produzierte ebenfalls, während Bruder John Gilroy ("Suicide Squad") den Schnitt besorgte. Dan selbst machte "Nightcrawler" zu seinem Regiedebut.

Die Ursprünge zu dem Werk rühren dabei bis ans Ende der Achtziger, als Dan Gilroy ein Bildband mit Aufnahmen des aus der heutigen Ukraine stammenden Photographen Usher Fellig in die Hände fiel. Fellig war als Kind mit seinen Eltern 1909 in die USA ausgewandert und wurde in den Dreißigern und Vierzigern als New Yorker Photograph berühmt und berüchtigt, weil er mit der Polizei wetteiferte, rund um Manhattan als Erster an einem Unfall- oder Verbrechensort zu sein, um dann seine teilweise sensationsheischenden Bilder zu schießen. Diese verkaufte er als Freischaffender an verschiedene Zeitungen unter dem Pseudonyn Weegee.

Gilroy schrieb ein Skript über Weegee; zu seinem Pech kam ihm indes Regisseur und Drehbuchautor Howard Franklin zuvor, der diese Figur mit Joe Pesci in "The Private Eye" ("Der Reporter") 1992 auf die Leinwand brachte. Die Idee verschwand aber nur halb in der Schublade; nachdem Dan nach Los Angeles gezogen war und dort das Geschäft der Freien Mitarbeiter entdeckt hatte, die inzwischen mit der Videokamera an Unfall- und Verbrechensorte rasten, um dann ihre Aufnahmen den örtlichen Fernsehstationen als Einschaltquoten-sicheres Material zu verkaufen, arbeitete er die Geschichte zeitgenössisch auf.

Es brauchte Jahre, bis Dan das Drehbuch so weit hatte, dass im Mittelpunkt ein Anti-Held stand, der das Publikum in seiner fast schon paranoiden Selbstanmaßung gleichermaßen faszinierte wie abstieß, und eine Satire auf die moderne Medienlandschaft entstand, die nicht wie eine Parodie oder Farce wirkte.

Aufgrund des geringen Budgets mussten Gilroy und sein Team sehr schnell und effektiv drehen, was aufgrund der hohen Anzahl der Drehorte und der hauptsächlich nachts in Los Angeles stattfindenden Dreharbeiten eine große Herausforderung darstellte, welche die Produktion glänzend meisterte. Als Berater und Quelle für das im Film gezeigte Video-Material konnte man die drei echten Freelancer Raishbrook Brothers gewinnen.

Genau so fiebrig-unruhig wie der von Gyllenhaal geschmeidig gespielte Charakter und visuell glänzend, bietet der Thriller düstere und zum Nachdenken anregende Spannung, die einen bitteren Beigeschmack hinterlässt.

"Nightcrawler" begeisterte die Kritiker und das Publikum und wurde 2014 mit einem weltweiten Umsatz von rund 50 Millionen Dollar ein Achtungserfolg. Jake wurde für den Golden Globe und einen Britischen Filmpreis nominiert; dort waren neben ihm und dem Drehbuch auch Nebendarstellerin Rene Russo und Cutter John Gilroy genannt.

Kritiker David Blaustein urteilte in "ABC News": "Eine gerissene Geschichte über den oft gefährdeten moralischen Kompass der Medien, die um eine glühende und unauslöschliche Darstellung des beeindruckenden Jake Gyllenhaal gebaut ist."



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