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Der Vorleser mit Kate Winslet und David Kross
Der Vorleser mit Kate Winslet und David Kross
© Senator Film

TV-Tipps für Sonntag (5.11.): Kate Winslet hört gerne zu

ARD zeigt "Der Vorleser"

Geschichtsvariationen bietet das Spielfilmangebot am Sonntagabend. Im Arte-Hauptprogramm befasst sich Oliver Stone in "Wall Street" mit dem entfesselten Kapitalismus der Achtziger, symbolisiert in der Figur Gordon Gekko, für dessen Darstellung Michael Douglas einen Oscar erhielt. Im ARD-Nachtprogramm steht dann ein Ausflug ins Nazi-Deutschland mit der Verfilmung von Bernhard Schlink's "Der Vorleser" an, der Kate Winslet einen Academy Award bescherte.

"Wall Street", Arte, 20:15 Uhr

Ein junger und ungeduldiger Aktienhändler (Charlie Sheen), ist bereit, alles dafür zu tun, Geld zu verdienen, und lässt sich von einer rücksichtslosen "Heuschrecke" (Michael Douglas) unter die Fittiche nehmen.

Dieses Drama aus dem Jahr 1987 ist keine Verurteilung des Kapitalismus, aber seiner in den Achtzigern aufgekommenen zynischen Variante des schnellen Gewinns um jeden Preis. Regisseur und Drehbuchautor Oliver Stone ("Platoon") konnte für seinen Film aus dem vollen Leben schöpfen: Mitte der Achtziger wurde der US-Aktienmarkt durch Verhaftungen krimineller Börsenhändler wie Ivan Boesky erschüttert, der noch kurz vor seiner Inhaftierung eine Rede gehalten hatte, die Stone zum Vorbild der berühmten "Greed ist good"-Ansprache von Michael Douglas nahm: "Gier ist übrigens in Ordnung. Gier ist gesund. Man kann gierig sein und sich trotzdem gut fühlen", hatte Boesky gesagt.

Man kann sich in der Rückschau kaum vorstellen, dass jemand anders als Michael Douglas den Part von Gordon Gekko hätte spielen können, und der Akteur wurde auch mit dem Oscar und dem Golden Globe als "Bester Hauptdarsteller" ausgezeichnet. Aber der damals 42-Jährige war nicht die erste Wahl, galt nach den beiden Abenteuerfilmen "Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten" und "Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil" als ungeeignet für einen so finsteren Part einer Figur mit Ecken und Kanten. Das Studio favorisierte eigentlich Warren Beatty, und Oliver wollte Richard Gere. Nachdem beides nicht zustande kam, erhielt Douglas den Zuschlag und eröffnete sich mit seiner meisterhaften Darstellung ein weiteres Feld von Charakterdarstellungen unsympathischer Figuren wie zum Beispiel in "Basic Instinct" und "The Game".

Stone arbeitete mit Beratern und Insidern der Wall Street zusammen, um ein realistisches Bild des Aktienhandels zu zeichnen, und erhielt sogar die Erlaubnis, an der Börse zu drehen. Er schuf eine schonungslose und wirkungsvolle Anklage gegen den Zeitgeist der US-Wirtschaft, die von durchgängig guten Schauspielern getragen wird.

Die 15 Millionen Dollar teure 20th Century Fox-Produktion wurde mit einem Umsatz von 43 Millionen Dollar - das entspräche heute etwa 94 Millionen Dollar - ein solider Erfolg an den US-Kinokassen.

Ein US-Zuschauer meint: "Dieser Film handelt von denjenigen, die materiellen Reichtum der Moral vorziehen, und denen, die das umgekehrt sehen, sowie einem, der sich zwischen beidem entscheiden muss. Der Streifen ist einwandfrei inszeniert und perfekt besetzt. Oliver Stone fängt wirklich alle Aspekte ein, die notwendig sind, um diese Geschichte zu erzählen, mit allen moralischen, ökonomischen und juristischen Implikationen. Michael Douglas ist fast schon beängstigend als der scheußliche Gordon Gekko. Und die Besetzung von Martin und Charlie Sheen als Vater und Sohn verleiht ihren zahlreichen emotionalen Wortwechseln Lebensechtheit. Wir scheinen echte Verletzung, Stolz und Scham zu sehen. Die vereinten Kräfte dieser talentierten Künstler in einer packenden Geschichte menschlicher Schwäche und Stärke machen dieses Werk sehenswert."



"Der Vorleser", ARD, 00:05 Uhr
Eine ungewöhnliche Affäre: Im Jahr 1958 in der Bundesrepublik Deutschland verführt die 36-jährige Straßenbahnfahrerin Hanna (Kate Winslet) den 15 Jahre alten Michael (David Kross). Als Gegenleistung für den Sex verlangt sie, dass er ihr vorliest. Eines Tages verschwindet Hanna abrupt aus Michael's Leben und taucht acht Jahre später wieder auf: Als Angeklagte in den Auschwitz-Prozessen.

Der Engländer Stephen Daldry ("Extrem laut und unglaublich nah") verfilmte Bernhard Schlink's Roman aus dem Jahr 1995. Gedreht wurde in Berlin, Görlitz und Köln. Die 32 Millionen Dollar teure Produktion erhielt rund vier Millionen Dollar aus deutschen Filmfördertöpfen. Für ihr Make-up als alte Hanna musste Kate Winslet täglich siebeneinhalb Stunden in der Maske verbringen.

Das Resultat konnte sich, besonders was ihre Person betrifft, sehen lassen: Die Aktrice erhielt jeden der großen Filmpreise für ihre Leistung, darunter den Oscar als "Beste Hauptdarstellerin". Der Film war für weitere vier Academy Awards nominiert - für "Bester Film, "Beste Regie", David Hare für "Bestes adaptiertes Drehbuch" und Roger Deakins für "Beste Kamera". Mit einem weltweiten Einspiel von über 100 Millionen Dollar war das von der Kritik gelobte, aber nicht besonders mitreißende Drama an den Kinokassen 2008 mäßig erfolgreich.

Kritiker Nick Rogers schrieb in "Suite 101": "Ein Jahrzehnte umspannendes Drama, das in die schwer fassbare menschliche Natur von Lust, Manipulation, Vergeltung und Zweifel eintaucht. 'The Reader' ist eine phänomenal tragische Geschichte von Menschen, die für immer verbunden sind - niemals wissend, ob dies aus wahrer Liebe oder nicht nachlassendem Bedauern geschieht."



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