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Anne Heche spricht über sexuellen Missbrauch durch ihren Vater

"Ich wünschte mir oft, zu sterben"

Am Samstag schloss Anne Heche ("Für das Leben eines Freundes") mit dem Kameramann Coleman Laffoon den Bund fürs Leben. Für all diejenigen, welche die Schauspielerin bislang für lesbisch gehalten hatten - auf Grund einer öffentlich geführten Beziehung mit der Kollegin Ellen DeGeneres ("Der Liebesbrief") -, kam diese Hochzeit überraschend. Und während Miss DeGeneres tobt, sie sei von ihrer Ex-Freundin belogen und betrogen worden, legte diese gestern Abend auf ABC eine öffentliche Fernsehbeichte ab, in der sie die Gründe für den Bruch der Beziehung mit Ellen preisgab. Dass demnächst ihre Autobiographie "Call Me Crazy" erscheint, dürfte nicht gerade ein Hinderungsgrund gewesen sein.
In einem Interview in der Sendung "20/20" verriet Anne, dass sie als Kind, bis sie zwölf Jahre alt war, von ihrem Vater Donald wiederholt vergewaltigt worden sei, was bei ihr in der Folge zu schweren psychischen Störungen geführt habe: "Ich hatte eine Phantasiewelt, in die ich flüchtete. Ich nannte mein anderes Ich Celestia und die andere Welt, die ich für mich erschuf, die Vierte Dimension. Ich glaubte, dass ich aus dieser Welt stamme. Ich glaubte, ich käme von einem anderen Planeten." Die Persönlichkeitsspaltung sei mit etwa 25 Jahren aufgebrochen, als sie eines Tages nach sieben Jahren Therapie den Mut zusammennahm, ihre Mutter anzurufen, um über den Missbrauch zu sprechen, und diese einfach auflegte: "In diesem Moment habe ich mich aufgeteilt, glaube ich. So viel Mühe auf mich genommen zu haben, um mich zu heilen, und dann meine Mutter zu erleben, dass sie nicht auf irgendeine Art äußern konnte, dass es ihr leid tat, was mir geschehen war, brach mir das Herz. Anne, das kleine Mädchen, das eben ihre Mutter konfrontiert hatte, verblasste, und hervor trat Celestia, wobei ich buchstäblich zu Boden geworfen wurde und die Stimme Gottes hörte. Ich dachte, ich sei absolut geisteskrank. Ich existierte als zwei Menschen. Wenn Gott und ich uns unterhielten, sprach ich eine andere Sprache. Ich konnte in die Zukunft sehen. Ich konnte Menschen heilen. Ich konnte mit den Toten sprechen. 1997 bei den Dreharbeiten zu Wag the Dog traf ich die unglaublichsten Schauspieler meines Lebens und ging dann in meine Garderobe, um Botschaften aufzuschreiben, von denen ich glaubte, dass Gott sie mir über die Liebe mitgeteilt hätte." Die 32jährige sprach auch explizit über den Missbrauch: "Mein Vater zog sich immer vor mir aus und winkte mich stets ins Bett, als wäre ich seine Geliebte gewesen. Ich erinnere mich, dass ich viele Male mit ihm ins Bett ging. Ich wehrte mich, um ihn von mir herunter zu bekommen. Ich schrie nach meiner Mutter. Ich hatte fürchterliche Angst, sterben zu müssen. Ich wünschte mir oft, zu sterben." Als ihr Vater dann 1983 an AIDS verstarb, lebte sie zusätzlich mit der angstvollen Ungewissheit, sich bei ihm angesteckt zu haben. "Ich habe eine Menge Dinge in meinem Leben getan, um von dem wegzukommen, was mir passiert ist", erzählte die Aktrice. "Ich trank, ich rauchte, ich nahm Drogen, ich hatte Sex. Ich tat alles, was ich konnte, um die Scham aus meinem Leben zu verdrängen." Heute sei sie geistig wieder gesund: "Ich bin nicht verrückt. Aber es ist ein verrücktes Leben. Ich wurde in einer verrückten Familie groß, und es hat 31 Jahre gebraucht, bis ich die Verrücktheit aus mir rausbekommen habe."
In Ellen habe sie sich auf den ersten Blick im März 1997 auf einer "Oscar"-Party verliebt und mit ihr in derselben Nacht geschlafen, zum ersten Mal mit einer Frau: "Es war der beste Sex, den ich bis dahin hatte. Ich fühlte mich geborgen. Ich fühlte mich frei, einem Teil von mir Ausdruck zu verleihen, den ich bei einem Mann nicht ausdrücken konnte. Ich fühlte mich sinnlich und sexy in einer Weise, wie ich es zuvor noch nicht getan hatte." Über das Ende der Beziehung mit Ellen im August letzten Jahres nach drei Jahren Beziehung meinte die Frischvermählte: "Wir waren an einen Punkt gekommen, an dem wir nicht glücklich waren. Wir waren zusammen völlig von der Welt isoliert. Ich bin ein Mensch, der Menschen liebt, der es liebt, in der Welt zu sein, der das Schauspielen liebt. Alle diese Dinge hatte ich nicht und wollte sie wiederhaben, und ich glaube, das machte ihr Angst." Dass sie am Tag nach der Trennung völlig verwirrt bei einem Farmer in Fresno aufgetaucht war, sei Höhe- und Wendepunkt ihrer Geistesodyssee gewesen: "Mir war gesagt worden, ich müsse zu einem Ort gehen, wo ich ein Raumschiff treffen würde. Um in das Raumschiff zu gelangen, müsse ich Ecstasy schlucken. Fresno war der Höhepunkt einer Reise und einer Welt, die ich zu brauchen glaubte, um Liebe zu finden. An diesem Tag bin ich gesund geworden und habe die zerbrochenen Stücke meines Lebens zusammengesetzt. Heute könnte ich nicht begeisterter über mein Leben sein."
Dazu trage ihr neuer Mann Coleman Laffoon bei, ein "außergwöhnlicher Typ. Er ist einer der wenigen Menschen, die ich getroffen habe, welche die gleiche Meinung über Sexualität haben wie ich, dass man sich nämlich in eine Person verliebt, nicht in ein Geschlecht. Ich würde mich nie einschränken, indem ich sagte, ich will mit einem Mann oder einer Frau zusammenleben."


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