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Kritik: Der unglaubliche Hulk (2008)
Nicht unglaublich, aber gut:
"Transporter"-Regisseur Louis Terrier versucht mit "Der
unglaubliche Hulk" offensichtlich, ein Gegenstück zu Ang Lees
pseudo-intellektueller Version von 2003 zu liefern. Und genau das ist
es auch geworden - nicht mehr und nicht weniger. Statt dem
Comic-Helden unangebrachte Vaterkonflikte aufzuzwängen, lässt
er es ordentlich krachen. Was die Charaktere betrifft, verlässt
Terrier sich ganz auf die Präsenz, welche schauspielerische
Schwerkaliber wie William Hurt und Edward Norton automatisch mit sich
bringen. Das Ergebnis ist ein solider, routinierter wenn auch
überraschungsarmer Actionfilm, der weder den Charme und Humor
von Sam Raimis erstem "Spider-Man", noch die Intelligenz und
Selbstironie von "Iron Man" mitbringt.
Die Vorgeschichte –
wahnwitziges Frankenstein'sches Experiment geht mit gar grauenhaften
Folgen schief – erledigt Terrier nebenbei fix in den
Eingangs-Credits. Was durchaus Sinn macht, da die Story sich
mittlerweile auch unter Comic-Verächtern herumgesprochen haben
dürfte. Weiter geht’s mehrere Jahre nach dem Unfall: Banner
versteckt sich in pittoresken Favelas von Rio de Janeiro,
lernt mit Grobis Hilfe portugiesisch, arbeitet in einer
Getränkefabrik und lernt nebenbei von einem bulligen
Brasilianer, seine Wut zu beherrschen. Parallel tauscht er sich via
Email mit dem mysteriösen Wissenschaftler Mr. Blue über
seine Heilungschancen aus und wirft immer wieder waidwunde Blicke auf
einen Zeitungsartikel, der ein Bild seiner großen Liebe und Ex-Kommilitonin Betty
(Liv Tyler) zeigt. Deren fieser Vater, Übersoldat „Thunderbolt“
Ross (William Hurt) lässt indes bei seiner Suche nach Banner - dessen "Hulk"-Part er gerne als Prototypen für einen Supersoldaten entwickeln würde -
nicht locker und engagiert zu diesem Zweck die Kampfmaschine Emil
Blonsky (Tim Roth). Zusammen spüren sie Banner im Versteck auf
und der Zirkus beginnt... zunächst noch ziemlich spannend, mit
einer Verfolgungsjagd durch das Labyrinth der Slums. Sobald der Hulk
in Banner dann herausbricht, berserkt sich das wütende Monster
durch hemmungslose Materialschlachten – wenn er nicht gerade als
King Kong-Verschnitt Betty bezirzt. Anders als bei Lee wirkt der
grüne Hüne diesmal zwar nicht wie ein Neon-Gummibärchen,
wechselt dafür aber von Szene zu Szene seine Proportionen.
Norton, spätestens seit
"Fight Club" auf gespaltene Persönlichkeiten spezialisiert,
spielt seinen Teil von Hulk angenehm unaufgeregt – vor allem im
Vergleich zum bemüht grimassierenden Eric Bana. Gerüchten
zufolge soll er auch auf eine Änderung des letzten Schnitts
beharrt haben, damit beim Marvel Studio allerdings nicht
durchgekommen sein. Bisher hat sich der Schauspieler nicht zu der
Angelegenheit geäußert.
Schneewittchen Arwen Tyler ist als
Biologieprofessorin etwa so glaubwürdig besetzt wie Paris Hilton
als Mutter Theresa. Aber immerhin entzückend genug, um
einigermaßen plausibel zu erklären, warum Banner von
Guatemala aus zu Fuß an ihre an der amerikanischen Ostküste gelegene Uni trabt. Roth
hat offensichtlich Spaß an seiner Rolle als Oberschurke, so
eindimensional sie auch sein mag. Ebenso Tim Blake Nelson, der als
durchgeknallter Wissenschaftler auftaucht.
Gipfel der wuchtigen
Actionszenen ist ein Kampf der Titanen, zwischen Hulk und
„Abomination“ - ein Monster, in das Blonsky sich freiwillig
entstellen lässt. Für Insider hat man außerdem werbewirksam ein
kurzes Cameo eines anderen Superhelden eingebaut, das auf eine zukünftige
und noch spektakulärere Marvel-Produktion hindeutet.
Terriers "Hulk" ist ein kurzweiliges und Testosteron-lastiges Actionabenteuer, das
wie ein bewusster Ausgleich zu Ang Lees Arthaus-Experiment daherkommt. Im
Vergleich mit anderen jüngeren Comic-Verfilmungen ist der Film
jedoch gerade mal mittelprächtig, vor allem gemessen an Marvels
erster Eigenproduktion "Iron Man".
Sira Brand